Ein Sujet für die Ewigkeit


Seit vielen Jahren dokumentiert Richard Jussel (58) fotografisch Rinden unterschiedlichster Baumarten. Bild: PD
Seit vielen Jahren dokumentiert Richard Jussel (58) fotografisch Rinden unterschiedlichster Baumarten. Bild: PD
«Immer, wenn ein Kind vor einem Smartphone sitzt, stirbt irgendwo auf einem Baum ein Abenteuer.» Hört man Richard Jussel zu, so denkt man fast unweigerlich an diese Lebensweisheit. Er ist in Mostindien, also im Kanton Thurgau, aufgewachsen. So gehören die Kletterabenteuer auf den umliegenden Bäumen – genauer gesagt den Birnbäumen – zu seinen frühesten Kindheitserinnerungen. Diese Abenteuer haben sein Leben geprägt, und die Lehre im hölzigen Bereich war fast schon eine logische Folge. «Holz ist ein irrsinniger Werkstoff, es ist gewaltig, was damit alles möglich ist», schwärmt der Zimmermeister. Seit 28 Jahren führt er mit unverminderter Freude und Leidenschaft die Blumer-Lehmann AG im sanktgallischen Gossau. Erst kürzlich konnte er in diesem Unternehmen sein 35-Jahr-Jubiläum feiern. Sein Interesse an der Materie ist aber nicht nur beruflich bedingt. «Ich bin durch und durch hölzig», sagt Jussel. Seit vielen Jahren befasst er sich intensiv mit der Entwicklung von Wäldern und Bäumen und deren Einfluss auf die Umwelt. Doch ein Teil des Baumes hat es ihm ganz besonders angetan: «Die Rinde ist wahnsinnig interessant. Sie erzählt in ihrer Vielfalt die Geschichte des Baumes.» Diese Geschichten versucht Jussel in Bildern festzuhalten.
Wo immer ihn seine Reiselust hintreibt, dort entstehen Fotografien von Rindenausschnitten verschiedenster Baumarten. Weit über 20 000 Bilder umfasst Jussels privates Bilderarchiv nach eigenen Schätzungen. «Dafür haben wir auf unseren Reisen schon mal den einen oder anderen Umweg in Kauf genommen», gesteht der 58-Jährige mit einem Lachen. Um mit seiner fünfköpfigen Familie möglichst flexibel zu sein, mietete Jussel am jeweiligen Ferienziel meist ein Wohnmobil und erkundete die Umgebung mit dem Fahrrad.
So habe er ein Gefühl dafür entwickelt, zu welcher Tageszeit der Einfallswinkel der Sonne ideal sei für seine Aufnahmen. Am Anfang habe er bei seinen Erkundigungstouren jeweils noch ein Stativ mitgeschleppt, um möglichst gute Bilder schiessen zu können. «Mittlerweile weiss ich aber, wie ich die Kamera abstützen kann, sodass die Bilder auch aus dem Stand nicht verwackelt sind», erklärt er. Schliesslich habe er die Geduld seiner Frau und seiner drei Kinder nicht überstrapazieren wollen. Beim Holzwerkstoffhändler Braun in Gossau stellt er seine Kunstwerke aktuell zum ersten Mal aus. Ausgewählt hat er dafür 131 Bilder aus 18 verschiedenen Ländern wie Südkorea, Holland, Mauritius, Japan, Namibia, der Dominikanischen Republik – und natürlich der Schweiz.
Die Ausstellung beweist, welch unendliche Vielfalt ein einziges Sujet bieten kann. «Jede Rinde ist einzigartig mit ihrer unterschiedlichen Struktur, den Hunderttausenden von Lebewesen, die sich auf ihr bewegen, und mit allem, was auf ihr wächst, wie den verschiedensten Algen, Flechten und Pilzen», schwärmt Jussel. So verliere sein Hobby niemals seinen Reiz.
Zeit seines Lebens setzt sich der 58-Jährige für einen gesunden Baumbestand ein, und so will er den gesamten Erlös aus dem Verkauf seiner Bilder in Aufforstungsprojekte fliessen lassen. «Der Baum wird in Zukunft noch eine viel wichtigere Rolle spielen, als die Leute denken», ist Jussel überzeugt. Damit spricht er insbesondere den Erhalt des Feuchtegleichgewichts im Boden an und dessen Einfluss auf die Landwirtschaft. «Wir sollten alles daran setzen, unseren Baumbestand zu erhalten und zu pflegen.» Denn, wer wünscht seinem Kind keines jener wundervollen Kletterabenteuer, die ein Leben für immer prägen können?
«Die Rinde ist wahnsinnig interessant. Sie erzählt in ihrer Vielfalt die Geschichte des Baumes.»
Veröffentlichung: 23. Mai 2019 / Ausgabe 21/2019
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