Ein Schreiner auf grosser Fahrt

Beat Fankhauser (51) nahm an der nördlichsten Rallye der Welt teil. Diese führte von Hamburg bis ans Nordkap und zurück. Bild: PD

Manche Männer leisten sich zum 50. Geburtstag eine Harley oder einen Porsche, Beat Fankhauser kaufte sich für 1700 Franken einen 25 Jahre alten Volvo 850 Kombi. Doch der «Youngtimer» war nur Mittel zum Zweck. Schon länger hatte Fankhauser, Inhaber der gleichnamigen Schreinerei in Langnau BE, von der Teilnahme an der nördlichsten Rallye der Welt, der «Baltic Sea Circle», geträumt. Die Idee entstand, weil sein Schulkollege Thomas Wettstein fünf Jahre zuvor an einer Rallye nach Georgien teilgenommen hatte und ihn mit seinen Erzählungen begeisterte. Im Juni 2019 war es so weit, und die beiden brachen nach Hamburg auf. Die «Baltic Sea Circle» dauert 16 Tage und umfasst eine Strecke von 8000 Kilometern. Von Hamburg führt die Strecke über Stockholm und die Lofoten bis zum Nordkap. Von da fahren die Teilnehmer via Murmansk nach St.Petersburg, Tallinn und Kaliningrad, bevor alle Teams am Ausgangspunkt in Hamburg ein Abschlussfest feiern. Das Abenteuer für das Team «Mein Emmental» begann mit einer Panne kurz nach dem Start und zwei Tagen Wartezeit auf einen neuen Zündverteiler sowie frische Zündkerzen und -kabel. Doch das Duo fuhr nach der unfreiwilligen Pause tapfer weiter. «Leider mussten wir, um die Strecke noch zu schaffen, das Nordkap weglassen», erzählt Fankhauser.

Die nördlichste Rallye der Welt kennt besondere Regeln: GPS, Navigationsgeräte und Autobahnen sind nicht erlaubt. Zudem soll jedes Team mindestens 750 Euro für einen guten Zweck sammeln. «2019 mussten die verwendeten Autos mindestens 20 Jahre alt sein und durften nicht mehr als 2500 Euro kosten, aktuell gibt es auch Kategorien mit jüngeren Autos und ohne Preislimit», sagt Fankhauser. Die zwei Schulfreunde genossen vor allem das Durchqueren der fast unendlichen Landschaften im Norden. Besonders in Erinnerung blieben Fankhauser die Landschaften in Russland. «Wir sind stundenlang gefahren und haben kein Haus, keinen Betrieb und kaum Autos gesehen», schwärmt er. Doch die Rallye war auch anstrengend: Bei 500 Kilometern Strecke pro Tag blieb den zwei Abenteurern kaum Zeit, um die lokale Bevölkerung kennenzulernen. Dafür habe man sich oft mit anderen Rallye-Teilnehmern auf Zeltplätzen getroffen, geplaudert und bei ein paar Bierchen Tipps und Erfahrungen ausgetauscht. «Beeindruckt hat mich die grosse Hilfsbereitschaft untereinander», sagt Fankhauser. Wenn man den Blog der beiden Rallyefahrer durchforstet, wird klar, dass unterwegs auch einige Sehenswürdigkeiten Platz hatten. Nebst Burgen, Bunkern und U-Booten stiessen die Rallye-Teilnehmer auch auf Ungewöhnliches: «Einmal besuchten wir einen lettischen Sammler und ehemaligen Flugingenieur in Riga, der unzählige Flugzeuge und Helikopter auf einem riesigen Gelände hortet. Das war beeindruckend. Es ist schade, dass dieses Kuriosum wohl bald geschlossen wird.»

Plant der Familienvater schon die nächste Rallye? «Eher nicht, der Aufwand und die Kosten sind im Moment zu gross. Aber die Reise war ein tolles Erlebnis.» Nicht zuletzt diente die Fahrt auch einem karitativen Zweck: Das Team «Mein Emmental» sammelte mittels Spenden 2500 Franken und konnte diese nach der Rückkehr einer gemeinnützigen Stiftung für Kinder übergeben.

«Wir sind stundenlang gefahren und haben kein Haus, keinen Betrieb und kaum Autos gesehen.»

cb

Veröffentlichung: 30. April 2020 / Ausgabe 18/2020

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