Ein Nautiker für alle Fälle

Tom Hofer, 47 Jahre, gelernter Schreiner und mittlerweile auch Kapitän auf dem Thunersee. Bild: PD

Leute. Eigentlich hat Tom Hofer einen Beruf im Winter und einen im Sommer. Winters arbeitet der gelernte Schreiner als Abteilungsleiter der Schreiner und Zimmerleute in der Werft der BLS Schifffahrt AG in Thun BE.

Sommers ist er als Nautiker auf einem der Schiffe auf dem Thunersee unterwegs. Die BLS-Flotte auf dem Thunersee besteht aus zwei Dampf- und sechs Motorschiffen, wovon das Dampfschiff «Blüemlisalp» die ungekrönte Königin ist. Die klingenden Namen der Schiffe wie «Berner Oberland», «Schilthorn» oder «Beatus» umschreiben den wunderschönen Arbeitsplatz von Hofer. Die Werkstatt liegt direkt am See. Tür auf, und nach ein paar Schritten ist er am Wasser. Genau dort, wo die Schiffe für Wartung oder Reparatur im Winter trockengelegt werden. 2017 wurde die Werft in Thun umfassend renoviert. Seither ist die Schreinerei viel grösser, und sie wurde auch schrittweise professioneller ausgestattet, um die Schiffe zu überholen. Die «Blüemlisalp» – «Blüemlere» genannt – stammt aus der Belle Epoque. Der Zwei-Deck-Salondampfer mit Jahrgang 1906 erfordert viel handwerkliches Geschick und ein gutes Auge, um das stilvolle Ambiente bestmöglich mit moderner Technik verbinden zu können. Bei den Revisionen hilft oft auch ein Antikschreiner mit. Eigentlich wollte Tom Hofer Bootbauer werden, hat sich dann aber doch für eine Lehre in einer Schreinerei mit Fokus auf Möbel und Innenausbau entschieden. Er denkt gerne an seine Ausbildung zurück. «Streng war es», sagt Hofer. Er habe aber viel gelernt und Freunde fürs Leben gefunden. Hofer war schon immer gerne auf dem Wasser, früher beim Wellenreiten auf der Aare auf selbst gebauten Wellenbrettern und heute als Kapitän auf dem Thunersee.

«Die Abwechslung macht den Job spannend. Und Freude an den Gästen zu haben, ist auch nicht verkehrt.»

Mit seiner jetzigen Anstellung kann er seine Passionen beruflich verbinden. Eine Anstellung als Handwerker bei der BLS Schifffahrt AG bedingt die Bereitschaft zur Ausbildung zum Matrosen, Maschinisten, Steuermann oder sogar Schiffsführer. Die Theorieprüfung ist anspruchsvoll, und danach wird im praktischen Bereich stetig dazugelernt. «Zuerst auf dem Schulbubenschiff», sagt Hofer mit einem Schmunzeln. So nennt der Handwerker und Nautiker das 100 Tonnen schwere Motorschiff «MS Stockhorn». Zusammen mit einem Experten wird das Handling von Grund auf erlernt – bei jedem Wind und Wetter inklusive Nebelfahrten und Navigieren nach GPS und Radar. Von Sommer zu Sommer werden die Schiffe und wird die Verantwortung grösser, im besten Fall bis hin zum Kapitänstitel auf der «Blüemlisalp», was Tom Hofer mittlerweile geworden ist. Der Sommerfahrplan dauert von Mitte Mai bis Ende Oktober, während der anderen Monate gibt es einen reduzierten Fahrplan.

Die Hochsaison ist streng, bedingt eine hohe Dienstleistungsbereitschaft. Alle werden gebraucht, es gibt lange Arbeitstage, unregelmässige Arbeitseinsätze, sehr oft Wochenenddienst, jeder Handgriff muss sitzen. «Und Freude an den Gästen zu haben, ist auch nicht verkehrt.» Die Wintermonate werden genutzt für die Instandhaltung. Da arbeitet Hofer wieder in seinem erlernten Beruf. «Die Abwechslung macht den Job spannend», sagt der Schreiner. Die Arbeit an und auf den Schiffen sei einzigartig.

Fränzi Hurni

Veröffentlichung: 13. Mai 2024 / Ausgabe 19/2024

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