Ein Flair für Loks und Landschaften

Patrik Walde (47) verfügt über ein riesiges, digitales Fotoarchiv mit rund 93 000 Bildern. Bild: Cornelia Thürlemann

Leute. Ein dichtes Netz von roten Linien überzieht die digitale Wanderkarte auf dem Bildschirm des Laptops von Patrik Walde.

Die App, die seine Bewegungen aufzeichnet, ist ein wichtiges Hilfsmittel, wenn Patrik Walde und seine Frau Monika die Route ihrer nächsten Wanderung oder das Ziel ihrer nächsten Familienferien festlegen. Fast dunkelrot sind die Wandergebiete im Fricktal, ebenso jene im Wallis und im Appenzell; Gegenden, die es ihnen besonders angetan haben. Familie Walde verbringt die Ferien hauptsächlich in der Schweiz, fast könnte man sagen, in den Urwäldern der Schweiz, denn hier begehen sie Gebiete, die vom Tourismus noch wenig berührt sind. Sie sind auf der Suche nach dem Unbekannten im Bekannten, in einer durch und durch vermessenen Landschaft. Und sie finden solche Orte. «Im Aargau einen Wasserfall, den die wenigsten je gesehen haben», sagt Walde. Mit dabei hat Walde immer eine Kamera, manchmal auch nur sein Handy, «denn auch damit lassen sich gute Fotos machen». Das Interesse an der Fotografie, am Schauen und an der Technik begleitet Walde seit der Kindheit. «Nach der Schule wollte ich Programmierer werden, aber diesen Beruf gab es noch nicht.» So machte er eine Schreinerlehre, und das nicht ungerne. Walde arbeitet auch heute gerne mit Holz, hat den Familientisch und diverse andere Möbel geschreinert. Nach der Lehre machte er eine Weiterbildung zum Webmaster. Er kaufte eine der ersten digitalen Kameras und fand so den Einstieg in die Welt der Fotografie. Um die Perspektive zu erweitern, entwickelte er mit einem Kollegen eine Drohne, mit der sie fotografieren konnten. Die Nachfrage war gross. «Doch dann kamen die Billigdrohnen aus China – und damit die Regulierungen.» Der Hype war vorbei.

«Ich mag die Landschaftsbilder am liebsten, die mystisch, ja fast verwunschen, wirken.»

Walde fotografiert heute wieder hauptsächlich am Boden. Der Fotografie konnte Walde dank seinem flexiblen Arbeitgeber, der Firma B+M aus Densbüren, nachgehen. Dort war er für die EDV, das Marketing und das Zeichnen von Plänen für Stalleinrichtungen zuständig. Später, als die SBB Quereinsteiger als Lokomotivführer suchte, bewarb er sich dort, und er konnte die Ausbildung machen. «Auch das war ein Traum von mir.» Wenn Patrik Walde seine Aufnahmen am Bildschirm betrachtet, erkennt er schnell jene, die eine Spannung in sich tragen. Am Bildschirm beginnt der zweite Teil seiner Arbeit: die Bearbeitung. «Heute gibt es kaum mehr professionelle Foto-grafien, die nicht bearbeitet sind», erzählt Walde. Er mag die Landschaftsbilder am liebsten, die mystisch, ja fast verwunschen, wirken. Wenn die Vielfalt der Strukturen, aber auch die Farbnuancen erkennbar werden. Für eine gute Fotografie muss Walde den richtigen Zeitpunkt abwarten, den richtigen Sonnenstand, das richtige Wetter, die richtige Jahreszeit. Er ist damit auch eine Art Meteorologe. Zwar ergeben sich auch spontan gute Bilder, aber viele sind gut vorbereitet und vorausgedacht. Heute arbeitet Walde als Lokomotivführer und ist vor allem im Raum Brugg, aber auch im Mittelland bis in die Ostschweiz unterwegs. Oft fährt er in der Dunkelheit mit dem Velo von Elfingen AG ins Depot nach Brugg AG. Am liebsten mag er die Zeit vor dem Sonnenaufgang, bevor der Tag erwacht. In dieser Stille kontrolliert er die Lokomotiven und Waggons. «Für mich ist es der schönste Beruf, den es gibt, denn hier kann ich das Schauen mit meinem Interesse an der Landschaft und der Technik verbinden.»

Cornelia Thürlemann

Veröffentlichung: 11. November 2024 / Ausgabe 45/2024

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