Dienstleistung statt notwendiges Übel


Damit man sich als Schreinerei an den Service- und Reparaturarbeiten nicht die Zähne ausbeisst, ist eine gute Betriebsorganisation notwendig. Bild: MH-Werbedesign, fotolia.com
Damit man sich als Schreinerei an den Service- und Reparaturarbeiten nicht die Zähne ausbeisst, ist eine gute Betriebsorganisation notwendig. Bild: MH-Werbedesign, fotolia.com
Servicearbeiten. Weil sie schlecht in die Organisation passen und sich damit kein Geld verdienen lasse, sind in vielen Schreinereien Reparaturen wenig beliebt. Erhalten sie aber innerhalb des Betriebes den richtigen Stellenwert, können sie wichtige Folgeaufträge mit sich bringen.
Chef: «Frau Müller hat gestern wieder angerufen, wegen ihrer Kellertür, die immer noch klemmt. Du solltest jetzt wirklich bei Gelegenheit mal vorbeigehen und dir die Tür anschauen.» Monteur: «Ja, ich weiss. Bis jetzt hatte ich einfach keine Zeit dazu.»
Solche und ähnliche Gespräche zwischen Chef und Monteur sind in Schreinereien keine Seltenheit. Service- und Reparaturarbeiten geniessen in vielen Betrieben keinen hohen Stellenwert. Dies, obwohl den meisten Beteiligten eigentlich bewusst ist, dass dieser Bereich für das Image eines Unternehmens zentral ist.
Ein vergleichsweise grosser administrativer Aufwand für relativ geringe Umsätze, aber auch die hohe Auslastung mit «normalen» Aufträgen führen bei vielen Schreinereien dazu, dass Reparaturarbeiten stiefmütterlich behandelt werden.
Ein wesentlicher Punkt bei den Servicearbeiten ist der Termin. Schaut man über die Branchengrenzen hinaus, stellt man fest, dass etwa Elektro-, Heizungs- oder Sanitärunternehmen im Servicebereich viel schneller reagieren als die meisten Schreinereien. Natürlich ist der Leidensdruck bei den Kunden viel höher, wenn sie keinen Strom, kein Wasser oder eine kalte Wohnung haben. Solch dringende Situationen ergeben sich für Schreinereien fast nur nach Einbrüchen oder wenn sie Schlüsselservice anbieten. Die sehr ähnlich wie die Schreinerbranche strukturierten Unternehmen des Installationsgewerbes beweisen aber, dass kurzfristige Serviceeinsätze organisatorisch nicht unmöglich sind.
Auch Schreinereien können bei Serviceaufträgen durchaus schnell reagieren. Oft sind es Kleinst- oder gar Ein-Mann-Betriebe, die sich auf Reparaturen spezialisiert haben und entsprechend flexibel agieren. Es gibt aber auch grössere Unternehmen, die es schaffen, Serviceaufträge sehr rasch zu erledigen: Daniel Winkler, Inhaber der Winkler Schreinerei Innenausbau AG in Adliswil, legt zum Beispiel viel Wert darauf, dass jeder Kunde, der sich wegen einer Reparatur bei seiner 15-Mann-Schreinerei meldet, spä-testens nach 24 Stunden einen verbindlichen Termin erhält.
Noch einen Schritt weiter geht Lisa Rütti. Sie ist Geschäftsführerin der Rütti AG in Balsthal. «Wenn jemand bei uns wegen einer Reparatur anruft, fixieren wir gleich bei diesem ersten Kontakt einen Termin», erklärt Lisa Rütti. Wenn kein aussergewöhnliches Material bestellt werden müsse, sei innert 48 Stunden der Auftrag erledigt. Dass ihr Betrieb das bieten könne, sei ein ganz entscheidender Vorteil, und werde von ihrer Kundschaft besonders geschätzt. «Wir gehen davon aus, dass wer bei uns anruft, sein Problem sofort gelöst haben will und nicht erst in ein paar Tagen oder gar Wochen.» Von den zehn Mitarbeitenden der Rütti AG erfordern solche Terminvorgaben viel Flexibilität. Es habe eine Weile gedauert, bis alle dieses Prinzip begriffen. Heute funktioniere es aber wirklich gut.
Flexibilität ist auch ausserhalb der offiziellen Arbeitszeit gefragt: «Wir arbeiten mit der Polizei zusammen. Wenn sie in ein verschlossenes Haus oder eine Wohnung eindringen müssen, rufen sie uns an und wir rücken sofort aus, um die Tür zu öffnen. Dank eines Pikettdienstes funktioniert dies auch in der Nacht.»
Wie gut der Service einer Schreinerei funktioniert, hängt ganz wesentlich von der Haltung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter zum Servicegedanken ab. «Wer Reparaturarbeiten ausführt, soll diese Tätigkeit nicht als Flicken anschauen, sondern als wichtige Dienstleistung, die dem Kunden ein Problem löst», erklärt Daniel Winkler. «Ein Serviceschreiner muss Freude daran haben, den Kunden helfen zu können.» Diese Eigenschaft sei nicht jedem Berufsmann in die Wiege gelegt worden, weshalb sich für Servicearbeiten nicht alle gleich gut eigneten.
«Wer Reparaturen einwandfrei ausführt, hat gute Chancen, auch bei grösseren Aufträgen zum Zug zu kommen.» Diese Sichtweise ist zwar nicht neu, aber sowohl für die Rütti AG als auch die Winkler Schreinerei Innenausbau AG eine wichtige Motivation, ihre Serviceabteilungen gezielt zu pflegen.
Beide Unternehmen betrachten ihre Serviceabteilungen als separaten Betriebszweig mit entsprechend zugeteilten Mitarbeitern, die sich Reparaturarbeiten gewohnt sind. Unkomplizierte, lösungsorientiert denkende Leute mit Ideen sind hier gefragt. Ein weiterer wichtiger Punkt sind gut eingerichtete Fahrzeuge: Es wirkt wenig professionell, wenn der Serviceschreiner einen zusätzlichen Termin mit dem Kunden vereinbaren muss, nur weil ihm die richtige Schraube oder das geeignete Werkzeug gerade fehlt.
Doch selbst wenn man seine Serviceabteilung als Marketinginstrument betrachtet und sie vor allem Folgeaufträge bringen soll: Selbsttragend lässt sie sich trotzdem betreiben, vorausgesetzt, sie ist gut organisiert. Je nachdem, wie und wo man die anfallenden Gemeinkosten einbezieht, fällt diese Rechnung mehr oder weniger positiv aus für die Serviceabteilung. Ein wesentlicher Faktor ist, dass die nach Aufwand in Rechnung gestellten Regiestunden in der Regel verhältnismässig gut bezahlt sind und weniger unter Druck stehen als die Preise für «normale» Aufträge.
Ansätze für Stunden und Kilometer
Doch wie viel kann man für einen Serviceschreiner pro Stunde verrechnen? Während die Rütti AG im Moment mit einem fixen Ansatz von 98 Franken geschäftet, hält man sich bei der Winkler Schreinerei Innenausbau AG an die Richtwerte, welche der VSSM veröffentlicht (siehe Kasten links). Beide Un-ternehmen verrechnen nur bei grösseren Distanzen die gefahrenen Autokilometer zusätzlich.
«Wir instruieren unsere Serviceschreiner so, dass sie vor dem Ausführen einer Reparatur der Kundschaft mündlich einen Richtpreis angeben», erklärt Daniel Winkler sein System. «Und weil der Mitarbeiter den Aufwand selber geschätzt hat, ist er auch sehr bestrebt, in diesem Rahmen zu bleiben. Das geht in den meisten Fällen gut auf.»
www.winkler-schreinerei.chwww.ruetti-ag.chIm Sinne von allgemeinen Richtwerten gibt der VSSM Regielohnansätze he- raus. Für Service- und Reparaturarbeiten spielen vor allem folgende Regieansätze eine Rolle:
Bei den Regiesätzen handelt sich um schweizerische Mittelwerte, die regionale, unternehmensspezifische und marktabhängige Unterschiede nicht berücksichtigen können. In die Stundenansätze eingerechnet sind Sozialkosten, Fertigungsgemeinkosten sowie Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten.
www.vssm.chVeröffentlichung: 10. Mai 2012 / Ausgabe 19/2012
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