Die Rolle der Holzenergie definieren

Die Holzvergaseranlage in Stans erzeugt Wärme und Strom. Möglicherweise wird die Vergasung von Holz in der Schweiz bald auch zur Herstellung von Biomethan genutzt. Bilder: Regina Weber

S-win statusseminar 2013.  Die Veranstaltung im Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen war mit rund 50 Teilnehmenden gut besucht. Sie bot aktuelle und umfassende Informationen über die Be-reiche Holzenergie, Holz als Rohstoff für die Chemie sowie zur Verfügbarkeit von Rohholz.

Erstmals trat S-WIN, die per Jahresbeginn 2013 aus der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Holzforschung (SAH) und dem Netzwerk Holz hervorgegangene Organisation, als Veranstalterin auf. Am Statusseminar des Wood Innovation Networks S-WIN standen die drei Bereiche Verfügbarkeit von Rohholz, Holz als Rohstoff für die Chemie und Holzenergie im Zentrum.

Den übergeordneten Rahmen der Tagung bildete die Energiestrategie 2050 des Bundes. Deshalb widmeten sich neun Referate den Fragen nach dem Potenzial an Holzressourcen und den Strategien zu deren Nutzung im energetischen und chemischen Bereich.

Umbau des Energiesystems Schweiz

Am 31. Januar 2013 endete die Vernehmlassungsfrist für das erste Massnahmenpaket, mit dem der Bund den langfristigen und etappenweisen Umbau des Energiesystems einleiten will. Zu dessen Bewältigung will der Bundesrat von 2013 bis 2016 im Rahmen des «Aktionsplan koordinierte Energie- forschung» zusätzliche 202 Mio. Franken für die Energieforschung einsetzen. Ein zentrales Element des Aktionsplans ist der Aufbau und Betrieb von sieben Kompetenzzentren an den Hochschulen, die skalierbare und von der Industrie umsetzbare Lösungen erforschen. Die Ausschreibung wird laut Martin Riediker, Experte von der Kommission für technische Innovation (KTI), bereits Ende Mai erfolgen.

Serge Biollaz, Leiter der Gruppe Thermische Verfahrenstechnik am PSI, bot einen Überblick über die europäischen Aktivitäten im Bereich der Bioenergie. Er verdeutlichte, welche Entwicklungen im Hinblick auf grosse Biomassevergasungsanlagen zur Erzeugung von Strom oder flüssigen beziehungsweise gasförmigen Treibstoffen zu erwarten sind. Riediker sowie Biollaz betonten übereinstimmend die Wichtigkeit, einen Standpunkt zu entwickeln und so aufzuzeigen, welchen Beitrag die Ressource Holz bei der Bewältigung des Energieproblems in der Schweiz leisten kann und soll. Es stellt sich die Frage, welche Technologien überhaupt im Inland realisiert werden sollen. Denkbar wäre auch, nur die Sekundärenergien wie Strom, Biomethan oder flüssige Biotreibstoffe zu importieren.

Rohholz: Bereitstellen und Mobilisieren

In diesem Sinne äusserte sich auch Markus Brunner, seit dem 1. April dieses Jahres Direktor von Waldwirtschaft Schweiz. Brunner kommt hinsichtlich des Biomassepotenzials Wald zum Schluss, dass die einfach zugängliche, wirtschaftlich produzierbare oder aus der Schutzwaldpflege stammende Biomasse heute grösstenteils genutzt und verwertet wird. Die theoretisch zusätzlich mobilisierbare Biomasse erfordere in der Regel einen erhöhten Nutzungsaufwand und sei aktuell nicht kostendeckend.

Wie Waldwirtschaft Schweiz meldet, ist Rohholz derzeit in ganz Westeuropa ein knappes Gut. Die nasskalte Witterung der vergangenen Monate habe die Rundholzproduktion erschwert. Vor diesem aktuellen Hintergrund dürften die Ergebnisse der zwei von Oliver Thees, Leiter der Gruppe Forstliche Produktionssysteme an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), vorgestellten Forschungsprojekte von besonderem Interesse sein. Sie befassen sich im Rahmen des NFP 66 (Nationales Forschungsprogramm) «Ressource Holz» mit der Mobilisierung und Verfügbarkeit von Rohholz.

Das Projekt «Mobstrat» will anhand von drei Fallstudien Strategien zur Steigerung der Holznutzung entwickeln sowie deren Vor- und Nachteile und Anwendungspotenziale aufzeigen. Die zweite Arbeit analysiert die Funktionsweise von Schweizer Holzmärkten auf Basis der Verhaltens- und Institutionenökonomik, ebenfalls anhand von Beispielregionen. Dazu erfassen die Forschenden die Marktstruktur und das Verhalten der Akteure auf den Holzmärkten in einem agentenbasierten Modell. So lassen sich Sze-narien für bestimmte Marktsituationen ent- wickeln, die Aufschluss über die zu erwartende Verfügbarkeit des Holzes geben können. Als mögliche Fragestellungen für die Szenarien nannte Thees die Rekonstruktion der Holzversorgung des Grosssägewerks in Domat/Ems, den Einfluss der Finanzhilfen von Bund und Kanton oder die Auswirkungen von waldseitigen Bündlerorganisationen auf Marktstruktur, -verhalten und -ergebnis.

Energetische Holznutzung

Thomas Nussbaumer, Professor an der Hoch-schule Luzern – Technik und Architektur, zeigte den Stand der Holzverbrennung auf. Technischen Verbesserungsbedarf sieht er weiterhin beim Reduzieren von Schadstoffemissionen in die Luft. In diesem Bereich wurde in seiner Forschungsgruppe vor Kurzem ein KTI-Projekt abgeschlossen, welches die Entwicklung einer Stückholz-Verbrennungsretorte mit zweistufiger Verbrennung zum Ziel hatte. Das Konzept weist eine geringe Leistungsabgabe während langer Abbranddauer auf. Ein entsprechender Holzofen eignet sich daher als Heizungssystem in Minergie-Häusern.

Zum Stand der Technik zur Herstellung von Biomethan aus Holz informierte Martin Schaub, CTO der Clean Technology Universe (CTU). Ein am PSI entwickeltes und patentiertes Verfahren zur Methanisierung von Holzgas wurde im Rahmen des EU-Projekts «Bio-SNG» gemeinsam mit der CTU in den Pilotmassstab hochskaliert. Durch Vergasung lässt sich Holz in Produktgas umwandeln, aus dem mittels Wirbelschichtmethanisierung ein synthetisches Erdgas, das sogenannte Bio-SNG, entsteht. Es lässt sich in das bestehende Erdgasnetz einspeisen und steht als Ersatz für fossiles Erdgas sowie als Treibstoff zur Verfügung.

Seit 2011 besitzt das Unternehmen die Vermarktungsrechte für die PSI-Methanisierungstechnologie. Laut Schaub ist die Technik bereit zur industriellen Umsetzung. Im Schweizer Mittelland sieht er in Regionen mit Industriestandorten Potenzial für mittelgrosse Anlagen im Bereich von 20 bis 25 MW. In peripheren Gemeinden mit bestehender Erdgasversorgung seien kleine Anlagen von 1 bis 2 MW geeignet und stellten hier eine wirtschaftlich interessante Alternative zu Nahwärmeversorgungen dar.

www.woodinnovation.chwww.nfp66.ch

RW

Veröffentlichung: 09. Mai 2013 / Ausgabe 19/2013

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