Der nächste Möbelproduzent gibt auf
Am Standort in Sachseln gehen die Lichter aus. Bild: Reinhard AG
Am Standort in Sachseln gehen die Lichter aus. Bild: Reinhard AG
Möbel. Die Reinhard AG Sachseln prüft die Einstellung ihrer Tätigkeit im laufenden Jahr. Somit würde eine nahezu 120-jährige Firmentradition zu Ende gehen.
Mit diesem Schritt könne die Firma einen kontrollierten Marktrückzug vollziehen und ihrer Verantwortung gegenüber allen Mitarbeitern und Lieferanten gerecht werden, teilt das Unternehmen in einer Medienmitteilung mit. Ein entsprechendes Konsultationsverfahren wird nun umgehend eingeleitet. Für die betroffenen Mitarbeiter werden, wenn erforderlich, adäquate Anschlusslösungen gesucht. Die negativen Meldungen aus der Schweizer Möbelbranche setzen sich somit auch im aktuellen Jahr fort: Zuletzt gab die Lanz Fronten AG ihren Rückzug aus dem Geschäft bekannt (die SZ berichtete).
Als Gründe für den Rückzug nennt die Reinhard AG die Personal- und Materialkosten, welche einen substantiellen Teil der Produktkosten verursachen. Das Unternehmen produziert an den zwei Standorten Sachseln OW und Dagmersellen LU Möbel für den Schweizer und internationalen Möbelhandel. Zudem findet auf dem Möbelmarkt seit Jahren ein starker Verdrängungskampf statt.
Dank überdurchschnittlich grossen Anstrengungen sei es der Firma bisher zwar gelungen, trotz dieser Verdrängung bei vielen grossen Schweizer Möbelhändlern ihren Marktanteil zu halten. Das Halten der Marktanteile sei jedoch mit starken Preiseingeständnissen verbunden gewesen. Aufgrund der stets wachsenden Globalisierung ist die Möbelindustrie mit einem kontinuierlichen Preiszerfall konfrontiert und dies machte der Reinhard AG stark zu schaffen.
Das Unternehmen gibt sich konsterniert: «Die Konsumenten sind nicht mehr bereit, die Kostenstrukturen für die personalintensive Möbelfertigung von Schweizer Erzeugnisse zu zahlen», heisst es im Schreiben. Laufend würden neue Einkaufsquellen in Billiglohnländern erschlossen, auf der Strecke blieben die regionalen Produzenten. Der starke Schweizer Franken verschärfe die Situation zusätzlich.
Trotz stetiger Weiterentwicklung der Firma, kontinuierlicher Prozessverbesserungen und striktem Kostenmanagement kann die Reinhard AG Sachseln dem Marktdruck offenbar nicht standhalten. Seit mehreren Jahren hat die Firma aufgrund ihrer sozialen Verantwortung gegenüber der Belegschaft kontinuierlich von ihren Reserven gelebt und ist äusserst zurückhaltend mit Stellenabbau umgegangen.
Als nächster Schritt steht nun die Einstellung der Produktion zur Diskussion, wodurch rund 80 Mitarbeiter in Sachseln und Dagmersellen eine neue Anstellung suchen müssten. «Ich bin mir bewusst, wie einschneidend eine Firmenschliessung für alle Betroffenen, ihre Familien und die Region wäre», lässt sich Inhaber und Geschäftsführer Hans-Melk Reinhard zitieren. Dieser Schritt falle ihm sehr schwer. Als Unternehmer stehe er aber auch in der Verantwortung, rechtzeitig einen solchen schweren Weg anzudenken.
Das Aufschieben dieses Entscheides bis eine rechtliche Schliessung unumgänglich wird, wäre mit viel schwerwiegenderen Folgen für die Mitarbeitenden verbunden. «Die Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmenden und für die Reinhard AG werden wir selbstverständlich wahrnehmen.» Die Reinhard AG will dabei alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihrem anstehenden Weg aktiv begleiten. Ein eigens hierfür eingerichtetes Jobcenter ist angedacht, so dass möglichst alle eine nahtlose Nachfolgelösung finden.
Wie die beiden Standorte Sachseln und Dagmersellen nach einer allfälligen Schliessung der Firma weiter genutzt werden, ist heute noch offen. Der Standort Sachseln ist im Besitz der Reinhard AG. Am Standort Dagmersellen ist die Firma Reinhard eingemietet. Für beide Standorte steht nun die Betreuung aller Mitarbeitenden im Vordergrund.
ph
Veröffentlichung: 08. Februar 2019
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