Der kürzeste Weg zur Spritzdüse

Die Niederdruck-Lackierpistole «Ecogun ACE» von Dürr schafft Farbwechsel in wenigen Sekunden. Bild: Dürr Systems AG

Spritzpistolen.  Lackiersysteme müssen individuellen Produktionsanforderungen genügen, weshalb verschiedene Handgeräte oder auch fixe Anlagen zum Einsatz kommen. Ein Blick auf die verbreiteten und flexiblen Fliessbecherpistolen hat dort neue Entwicklungen offenbart.

Beschichtungen im Schreinergewerbe werden gerne mit einer Spritzpistole durchgeführt, da so ein sehr gleichmässiger Auftrag möglich ist und die Arbeit schneller vorangeht, als das bei einem Handauftrag möglich wäre. Verarbeitet werden so Beizen, Lasuren, Farben, Füller, Decklacke und sogar Klebstoffe. Die richtige Wahl der Düsenköpfe, des Luftdrucks und der Luftmenge erlauben es, mit verschiedenen Gerätesystemen solche Beschichtungen auszuführen. Die Her- steller haben zudem bei allen Spritzgeräten einiges unternommen, damit ihre Spritzpistolen ein optimaleres finales Spritzbild mit geringerem Overspray, also weniger Spritznebel, erzeugen.

Der ultrakurze Materialweg

Gerade wenn es um kleinere Flächen und häufige Farbwechsel geht, ist eine Fliessbecherpistole eine gute Wahl, denn durch die sehr kurze Verbindung vom Fliessbecher bis zum Düsenaustritt ist der Materialverlust, über alle Systeme gesehen, am geringsten. Es gibt da kaum materialführende Leitungen, deren Inhalt beim Verbrauch dazugerechnet und die mit viel Lösemitteln gereinigt werden müssen, bevor ein anderes Material verarbeitet werden kann. Besonders bei Farbwechseln ist das jeweils heikel.

Die Dürr Systems AG, deren Produkte in der Schweiz von der Firma Neue Protechnik AG in Neuenhof AG vertrieben werden, hat bei der Niederdruck-Lackierpistole «Ecogun ACE» genau diese materialführende Strecke der Pistole optimiert. Vom Anschluss an die auslaufsicheren Einwegbechersysteme der Firma HSM Lackiersysteme, über den gesamten Farbkanal bis und mit Düse, gibt es das Einwegdüsensystem «ACE-SPE» aus Kunststoff. Dieses Einwegelement wird bei jedem Materialwechsel einfach ausgetauscht. So muss lediglich die Nadelspitze abgeputzt werden, um den nächsten Lack verarbeiten zu können. Auf den Einsatz von Lösemitteln kann dabei fast vollständig verzichtet werden.

Anpassbare Luftführung

Besonders ist auch die Luftkappe aus Metall. Es gibt sie in zwei Ausführungen: Als «CF» für konventionelle Anwendungen und als «LF», die speziell beim Beizen oder besonderen Lackierarbeiten ein noch feineres Spritzbild sowie einen noch geringeren Farbnebel ermöglicht. Gearbeitet wird mit Düsengrössen von 1,2 bis 2,5 mm. Dabei bietet die Fliessbecherpistole alle Standardfunktionen wie beispielsweise die Spritzbildregelung von rund bis flach sowie die Luft- und Farbmengenregelung.

Massiver Tempogewinn

Der Vorteil der «Ecogun ACE» liegt in der enormen Zeitersparnis mit diesen schnellen Wechseln, dem fast gänzlichen Verzicht auf Lösemittel zum Reinigen und damit entsprechend gering anfallenden gasförmigen Verflüchtigungen dieser Reinigungsmittel. Demgegenüber stehen jeweils ein Einwegdüsensystem und ein Einwegbecher, die als Abfall anfallen. Zu Bedenken gibt es aber auch noch Folgendes:

Durch den Wechsel des Düseneinsatzes werden einerseits Kreuzkontaminationen bei Farbwechsel und andererseits minderwertige Sprühergebnisse durch Rückstände, die sich im Farbkanal befinden, vermieden. Das ermöglicht eine Sprühleistung, die einer neuwertigen Pistole entspricht.

Auch bei allen Profilackierpistolen der Anest Iwata Deutschland GmbH aus Leipzig wird Wert auf einen einfachen, aber effizienten Aufbau gelegt. Durch die exakten, konisch dichtenden Materialdüsen kann auf verschleissbare Kunststoffdichtungen verzichtet werden. Die Pistolen lassen sich mit verschiedenen Düsen-Komponenten ausstatten, benötigen aber nur eine einzige Luftkappe. Sie sind zudem mit diversen Wechselbechersystemen, die es auf dem Markt gibt, kompatibel. Die Firma hat bei ihrer Profilackierpistole «W-400 classic plus» die mögliche Streifenbildung beim Spritzen reduziert: Ein grosser Nasskern mit geringen Auslaufzonen und somit kleinem Oversprayrand sollen eine recht hohe Materialeffizienz bei guter Flächenleistung erlauben. Der Luftbedarf beträgt dabei 280 l/min.

Die Niederdruckpistole «LPH-400 classic plus» arbeitet mit einer Vorzerstäubertechnologie mit Schlitzdüse und soll vor allem für Lacke und Beizen geeignet sein. Bei einem Arbeitsdruck von 1,0 bar und einem Luftbedarf von 270 l/min entsteht laut Hersteller weniger Overspray, und so sollen auch Lackierungen in nicht optimaler Arbeitsumgebung möglich sein.

Hohe Flexibilität

Bei der Sata GmbH, deren Produkte in der Schweiz von der Jasa AG in Spreitenbach AG vertrieben werden, vertritt man die Ansicht, dass ein System möglichst flexibel einsetzbar sein soll. Im Idealfall bietet das die Möglichkeit, Zeit, Material und Aufwand einzusparen. Die «Satajet 1000 B Lignum 3» bezeichnet der Hersteller als Universalwerkzeug für das Schreinerhandwerk. Die Becherpistole lässt sich mit verschiedenen Verlängerungen mit Schrägstrahl-, Winkelkopf- oder Radialdüsen ausstatten. Mit dem grossen Spektrum an erhältlichen Düsensätzen in den Grös-sen von 0,8 bis 5,0 mm können unterschiedlichste Spritzmedien verarbeitet werden – zumal der Wechsel der Düsen dank dem «Quick-Change»-Luftdüsengewinde mit nur einer Umdrehung vonstattengeht. Kommen höherviskose oder sich absetzende Materialien zum Einsatz, lässt sich die Lackierpistole auch mit einem Druck- oder Rührwerksbecher ausstatten.

Zwischenlager für Restmaterial

Interessant ist auch das «RPS-Mehrzweckbecher-System» von Sata. Es eignet sich unter anderem dazu, überschüssiges Material aufzubewahren. Nach der Anwendung im «RPS-Becher» kann man diesen einfach mit dem mitgelieferten Stopfen verschliessen. Auch wenn die Mehrzweckbecher am Ende weggeworfen werden, ist ihre Umweltbilanz, nach einer Untersuchung des Herstellers, unterm Strich besser als die Verwendung eines Mehrwegbechers, der nach jedem Lackiervorgang ausgewaschen wird. Bei jedem solchen Vorgang fallen bis zu 200 g Reinigungsflüssigkeit an, die aufwendig als Sondermüll entsorgt werden muss. Ausserdem gelangen dabei beträchtliche Mengen an VOC in die Atmosphäre.

Fast schon eine Einwegpistole

Bei 3M, mit der 3M Schweiz AG in Rüschlikon ZH, hat man sich ganz grundsätzliche Gedanken zum Thema Spritzpistolen gemacht. Herausgekommen ist ihre «Hochleistungslackierpistole», die nur schon massiv leichter als herkömmliche Pistolen aus Metall ist, da sie aus einem schlagfesten Verbundwerkstoff gefertigt wird.

Eigentlich arbeiten Benutzer dieser Fliessbecherpistole ständig mit einem weitgehend neuen Gerät, denn ausser dem Einweg-Innenbecher werden auch der gesamte Düsenkopf mit Anschlusskanal zum Becher und die zugehörige Einwegluftkappe aus Kunststoff ausgetauscht. Alle Verschlüsse sind zudem so konzipiert, dass ein Wechsel sehr schnell durchgeführt werden kann. Die Düsenköpfe sind in den Grössen 0,9 bis 2,0 erhältlich, und gearbeitet wird in einem Betriebsdruckbereich von 0,5 bis 2,4 bar. Zusammen ergibt das viele Möglichkeiten, unterschiedliche Beschichtungsmaterialien zu verarbeiten. Da diese Materialien nur den Einwegbecher und den Düsenkopf durchlaufen, gibt es davon kein Verkleben innerhalb der Pistole. Es reicht, den Verschlussring zu drehen, den Düsenkopf abzunehmen und die Nadelspitze zu reinigen. Falls dann das System Fliessbecher nicht zur Arbeit passt, kann die Pistole auch mit einem Druckbecher ausgerüstet werden.

www.jasa-ag.chwww.protechnik.chwww.3mschweiz.chwww.anest-iwata-coating.com

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 13. Juni 2024 / Ausgabe 24/2024

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