Der Charakter von Edelstahl


Oberflächenfinishes können dem von Natur aus kühlen Chromstahl optische Wärme und Individualität verleihen. Bild: Suter Inox AG
Oberflächenfinishes können dem von Natur aus kühlen Chromstahl optische Wärme und Individualität verleihen. Bild: Suter Inox AG
Edelstahlabdeckungen. Lange Zeit waren Küchenarbeitsplatten aus CNS den Profis vorbehalten. Nun gelten sie auch in Privatküchen wieder als modern. Kein Wunder, denn die Materialeigenschaften sind eindrücklich. Und die Oberflächendesigns werden ständig erweitert.
Fragt man den Profikoch, dann ist schnell klar, was auf den Tisch kommt. Für einmal nicht aufs Essen bezogen, sondern auf die Abdeckung in der Küche. Profis setzen auf Edelstahl. Etliche Fakten sprechen für die hygienische Legierung: Sie ist rostfrei, hitze- und säurebeständig, schlagfest, trotzdem elastisch und pflegeleicht. Ausserdem ist das Material aus Stahl, Chrom und Nickel rezyklierbar, und damit umweltfreundlich. Es saugt Flüssigkeiten nicht auf und seine Oberfläche reflektiert die Farben der Umgebung.
Die meisten Küchenabdeckungen sind aus Chromnickelstahl mit der Werkstoffnummer EN 1.4301 gefertigt. Für Oberflächen, die besonders intensiver Einwirkung von Säuren ausgesetzt sind, wird manchmal auch Chrom-Nickel-Molybdän-Stahl verwendet. Dieser trägt die Werkstoffnummer EN 1.4401. Doch genug der Zahlen: Aus der Sichtweise des Schreiners dürfte besonders interessieren, welche Arten von Abdeckungen es gibt, und wie diese bestellt werden. Darüber wissen die Spezialisten der Suter Inox AG Bescheid. Alfred Suter Senior gründete das Unternehmen 1947. Damals produzierte er Milchkannen, heute stellt die Manufaktur in Schinznach Bad hauptsächlich massgefertigte Küchenabdeckungen aus Chromstahl sowie die dazugehörenden Spülbecken her. Das Schweizer Familienunternehmen wird in zweiter Generation durch Alfred Suter, Marco Suter und Eveline Stutz-Suter geführt. Ihre rund 130 Mitarbeitenden kennen nicht nur den korrekten Umgang mit Laser- und Wasserstrahlbearbeitungszentren, sondern auch die Feinheiten verschiedener Schweissverfahren, die beim Ausführen hochwertiger Arbeiten in Edelstahl von grosser Bedeutung sind.
«Bei Produkten aus der Schweiz ist die Qualität des Chromstahls kaum ein Thema», sagt Alfred Suter. Um diese zu gewährleisten, arbeite man für die Beschaffung des Chromnickelstahls mit zuverlässigen Partnern zusammen. Dafür stelle sich die Frage nach Dicke und Verarbeitung des Edelstahls. In der Regel bestehen Küchenabdeckungen aus kaltgewalzten, abgekanteten Blechen, die zwecks Stabilität mit einer Spanplatte ausgefacht sind. Die Blechdicke beträgt meist 1,2 oder 1,5 mm; bei Becken könne das Blech auch mal 0,8 bis 1,2 mm dick sein, erklärt Suter. Auf Abeckungen mit Holzkern darf man heisse Pfannen nur bedingt aufsetzen. Die Hersteller empfehlen, entsprechende Untersätze zu verwenden. «Kunden, die ihre Kochtöpfe gerne direkt über die Arbeitsplatte schieben, wählen mit Vorteil eine massive Edelstahlabdeckung», führt Alfred Suter weiter aus. Solche gibt es heute bei verschiedenen Herstellern in Dicken zwischen 4 und 12 mm zu kaufen.
Die Namen der Oberflächen sagen bereits viel über deren Wirkung aus. «Ice Design», «Polar Look», «Warmgewalzt» oder «Used Look» heissen die massiven Abdeckungen bei Suter Inox. Hersteller Franke aus Aarburg führt ähnliche Produkte im Sortiment. Seine entsprechenden Finishes tragen verheissungsvolle Namen wie «Nature Finish» und «Cristal Finish». Und auch die kleine Manufaktur namens Chromtech-AI GmbH aus Gonten führt den trendigen Werkstoff im Sortiment. «A1-Design» heisst hier eine besonders kratzfeste Oberfläche mit warmer Ausstrahlung.
Eines haben die massiven Abdeckungen aus Edelstahl gemeinsam: Der Kunde sollte sie beim Hersteller vor Ort auswählen – nicht nur des hohen Preises wegen. Jedes Stück ist ein Unikat und weist eine ganz eigene Oberflächenstruktur auf. Einzelne Oberflächen gibt es hartverchromt, andere elektropoliert.
Während die warmgewalzten, massiven Arbeitsplatten individuelle Prägungen tragen, sind die Oberflächen ihrer Pendants aus Dünnblech mit Holzkern schon eher vergleichbar. Meistens findet man hierfür in den Broschüren der Hersteller drei Oberflächen: Eine seidenmatt gebürstet, eine geschliffen und eine in Wirbelfinish. Solche CNS-Oberflächen legen sich gemeinhin mit dem Alter eine schöne Patina zu. «Man muss sich einfach bewusst sein, dass mit der Zeit Kratzer entstehen», weist Alfred Suter auf einen wichtigen Punkt hin, welcher dem Käufer einer Küchenabdeckung aus Edelstahl im Voraus bewusst sein sollte. Aus dieser Sicht betrachtet, dürfte der Wirbelfinish insofern die nachhaltigste Wahl sein, als dass er Kratzer am ehesten verzeiht. Diese gehen im Wirbel verloren.
Eine allgemein gültige Bezeichnung von Chromstahloberflächen gebe es indessen nicht, so Suter. Wer also beabsichtigt, die Oberflächenwirkung der Arbeitsfläche derjenigen eines Dampfabzugs oder allfälligen Inox-Fronten anzugleichen, der wird sein Ziel nur mit hohem Aufwand erreichen.
Die Suter Inox AG löst das Problem zumindest für ihre Produkte, indem sie sämtliche Oberflächen im Haus herstellt. Damit ist ebenfalls die Reparierbarkeit gewährleistet. Allfällige Defekte in der Oberfläche wer-den von erfahrenen Oberflächenspezialisten bauseits ausgeflickt. Ein handwerklicher Ansatz, der gut in die Philosophie des Aargauer Unternehmens passt.
Die Wahl der Abdeckung schlägt sich nicht zuletzt auf die Kantenausbildung nieder. Bei den Konstruktionen mit Holzkern haben sich diese in den letzten Jahren kaum verändert. Die klassische A-Kante ist 30 mm dick. Es gibt sie aber als 15 mm dünne Version genauso wie als 60 mm-Dickkante. Auf Wunsch sind andere Abmessungen möglich. Durch Abkanten des Bleches stattet man solche Kantenabschlüsse gerne mit einer Tropfnase aus, welche die Unterkonstruktion vor überlaufendem Wasser schützt. Die ist insbesondere dann von Vorteil, wenn die Fläche keine Sicke – also keine umlaufende Nut – oder keinen Schwallrand aufweist. Auch bei puristischen Gestaltungswünschen kann eine tiefgezogene Struktur auf der Oberfläche stören. Eine solche benötigt in jedem Fall ein Presswerkzeug. Bei ihrer Gestaltung ist man deshalb nicht frei, sondern greift auf vorhandene Formen zurück.
Wenn die Abdeckung optisch leichter wirken soll, dann steht die Quetschkante zur Verfügung. Mit dieser Kantenausführung scheint sich die Abdeckung zu entmaterialisieren. Die Küchenkombination macht den Anschein eines auf Gehrung geschnittenen Würfels.
Auch die fingerdicken Massivkanten tragen die Muster ihrer Bearbeitung zur Schau: Es gibt sie mit der rohen Schnittkante vom Wasserstrahl oder als geschliffene Version.
Im Gastrobereich, wo die Anforderungen an den Edelstahl noch höher sind, setzt man auf Verbundwerkstoffe. Einen solchen hat die Firma Hugentobler aus Urtenen-Schönbühl gemeinsam mit der Astromec AG aus Gümligen entwickelt. Die 9 mm dicke Sandwichkonstruktion besteht aus zwei Schichten Chromstahl sowie einer Aluminiumplatte, welche die Wärme abführt. Diese Abdeckung dürfte für den Schreiner zwar nicht erhältlich sein. Doch die Astromec AG fertigt auch individuelle Abdeckungen für Privatküchen. Marco Assandri, Mitinhaber des Familienbetriebs aus Gümligen, erklärt, worauf man beim Kauf von Abdeckungen schauen sollte. «Weil Bleche aus qualitativ hochwertigem Chromnickelstahl sehr teuer sind, wird oft bei der Materialdicke gespart», sagt er. Genauso gelte es eingehend zu prüfen, ob es sich beim Material überhaupt um Chromstahl handle.
Egal, wo der Schreiner seine Abdeckung bestellt, eines bleibt sich gleich: Edelstahl ist so zäh, dass ihm einschlägiges Werkzeug höchstens ein paar Kratzer zufügen kann. Deshalb ist es wichtig, bei der Bestellung die richtigen Masse anzugeben. Das müsse er Schreinern allerdings nicht sagen, meint Alfred Suter. Tipps und Checklisten für die Bestellung finden sich in den Online-Planungshilfen der Suter Inox AG. Für alle, die diesbezüglich aber Unsicherheiten an den Tag legen, stellen die Edelstahlverarbeiter entsprechende Services zur Verfügung. Gerade bei Umbauten, wo die Massaufnahme aufgrund einer bestehenden Situation auch einmal komplex sein kann, dürfte der Service hie und da auch vom Fachmann in Anspruch genommen werden.
www.suter.chwww.franke.chwww.chromtech.chwww.astromec.chChromnickelstahl hat von Grund auf die Eigenschaft, an der Oberfläche durch Oxydation eine Schutzschicht zu bilden. Trotzdem sind auf CNS-Oberflächen insbesondere Kalkflecken häufig ein Problem. Diese beseitigt man mit Zitronenstein. Das Reinigungsmittel wird mit einem Schwamm aufgetragen. Häufig reicht aber auch ein feuchtes Mikrofasertuch. Etwas stärker wirken Hausrezepte wie Essigwasser (20% Essig und 80% Wasser) oder Zitronensaft, den man mit Wasser und Kochsalz verdünnt.
www.inoxclean.chVeröffentlichung: 09. Mai 2013 / Ausgabe 19/2013