Darf es ein bisschen mehr sein?

Die jährliche «Häb Holz Trophy» der Weishaupt Innenausbau AG in Appenzell findet diesen Sommer bereits zum zehnten Mal statt – für alle Kunden. Bild: Weishaupt Innenausbau AG

Marketing.  Premiumkunden sind die Stars unter den Auftraggebern und können auch für Schrei- nereien abseits des Hochpreissegments interessant sein. Entscheidend ist, was man ihnen bietet – und wie man Premiumkunden angemessen pflegt.

Wer ein neues Auto kaufen will, weiss, dass die Premiumklasse einen höheren Komfort bietet und deshalb teurer ist als andere Modelle. Und wer hungrig vor dem Einkaufsregal steht, muss sich entscheiden: Wähle ich ein Budget-Produkt oder greife ich zur Premiummarke mit der edlen Verpackung?

«Premium» beinhaltet das Versprechen, eine besondere, qualitativ hochwertige Ware oder Dienstleistung zu erhalten. Im Marketing wird der Begriff auch von Schreinern nicht nur bei der Produktdifferenzierung eingesetzt, er eignet sich auch zur Unterscheidung von Kunden.

Umsatzstärke ist nicht alles

Die Kriterien, die einen normalen Auftraggeber zum Premiumkunden machen, können je nach Betrieb und Kundenstruktur variieren. Standardmässig wird die Kundschaft nach Umsatz unterschieden, indem diese in A-, B- und C-Kunden gruppiert wird. Diese Aufteilung kann natürlich ändern: Ein A-Kunde wird zum C-Kunden – genauso wie ein Gelegenheitskunde plötzlich ein Grossprojekt in Auftrag geben kann.

Neben der Umsatzstärke können weitere Merkmale einen Premiumkunden ausmachen (siehe Kasten rechts) . Ausschlaggebend kann beispielsweise ein besonderer Auftrag sein, bei welchem Schreiner all ihre Stärken zeigen oder neue Herausforderungen anpacken können. Oder handelt es sich um einen langjährigen Stammkunden? Eine Kundin mit grossem Netzwerk in Wirtschaft und Politik? Einen international tätigen Klienten? Oder gar einen Prominenten? Die Entscheidung, wer zu den Premiumkunden gehört, liegt beim Schreiner selber.

Anderer Kunde, anderer Umgang

Bei der Karl Bucher AG in Goldau gibt es Kunden und Premiumkunden; der Unterschied basiert auf dem generierten Umsatz und der Dauer der Zusammenarbeit. Der Inhaber, Geschäftsleiter und Schreinermeister Karl Bucher erklärt: «Die Zahl unserer Kunden ist überblickbar, etwa 20 Kunden sorgen für drei Viertel unseres Jahresumsatzes. Arbeitet man zwei, drei Jahre mit einem Auftraggeber zusammen, prägt das natürlich auch den Umgang.»

Karl Bucher achtet darauf, dass alle Kunden die gleichen Informationen zum Unternehmen erhalten. «Zum Beispiel verschicken wir ein bis drei Mal pro Jahr das ‹Buchenblatt›, eine kleine Firmenbroschüre. Ausserdem versenden wir zum Jahresabschluss Briefe an die gesamte Kundschaft. Spezielle Kunden erhalten zu dieser Gelegenheit ein selbst hergestelltes Präsent wie eine Uhr aus Holz oder ein Servicetablett», erzählt Karl Bucher. Ein Geschenk an Weihnachten, reicht das für Premiumkunden?

Besondere Erlebnisse offerieren

Wohl kaum, denn zusätzlich bietet Karl Bucher seinen Premiumkunden eine ganze Palette von Extras. «Architekten, mit welchen wir permanent zusammenarbeiten, laden wir für einen gemeinsamen Jahresrückblick zu einem Mittagessen ein. Ist ein Premiumkunde zum Beispiel frisch in unsere Region gezogen, ist auch eine Einladung zu einem besonderen Erlebnis wie der Luzerner Fasnacht möglich.»

Vor zwei Jahren hat sein Betrieb, anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums, 350 Leute eingeladen. Während die Türen am Wochenende für alle Kunden offen waren – Endkunden, Privatkunden, Generalunternehmer, Architekten –, wurden am Freitagabend neben Mitarbeitenden und Familie nur wiederkehrende Kunden mit einer besonderen Bin-dung zur Unternehmung zu einem Abendessen mit anschliessendem Unterhaltungsprogramm eingeladen. Der Geschäftsleiter präzisiert: «Ein Kunde, der zum Beispiel vor drei Jahren einen einzelnen Tisch bestellte, konnte, nur schon aus Platzgründen, nicht eingeladen werden – aber das erwartet dieser ja auch nicht», ergänzt Karl Bucher.

All diese Anstrengungen für ihre Premiumkundschaft lohnt sich für die Schreinerei. «Es ist das Wichtigste überhaupt. Unser Ziel ist es, zufriedene Kunden zu haben, die wiederkehren und uns weiterempfehlen», betont Karl Bucher. Doch wie geht er vor, wenn er seine besonders gute Kundschaft umsorgt? «Wir gehen auf jeden Premiumkunden sehr individuell und persönlich ein. Standardisierte Prozesse bei der Kundenpflege gibt es bei uns nicht. Unser Vorteil: Wir kennen unsere Kundschaft, da fällt es leicht, ein ‹Extra› zu finden, welches dem jeweiligen Kunden Spass macht. Und: Manche Premiumkunden haben gar keine Zeit für spezielle Anlässe oder gehen auf Distanz, das akzeptieren wir natürlich.»

Jeder Kunde ist König

Bewusst keinen Unterschied im Umgang mit Kunden macht Bruno Weishaupt, Geschäftsführer der Weishaupt Innenausbau AG in Appenzell. «Wir behandeln alle unsere Kunden gleich. Im Vordergrund stehen unsere hochklassigen Arbeiten und Dienstleistungen. Bei renommierten Kunden wie etwa dem Hotel Baur au Lac in Zürich legen wir natürlich viel Wert auf einen persönlichen Umgang – genauso wie bei Klienten mit kleineren Aufträgen.»

Zur Kundenpflege gehören betriebliche Informationen per Brief, zu Weihnachten gibt es ein Geschenk, zum Beispiel einen Appenzeller Biber mit Weishaupt-Logo oder einen Holz-Christbaumanhänger. Ausserdem veranstaltet Weishaupt jedes Jahr ein Golfturnier mit Nachtessen und Unterhaltungsprogramm im Betrieb – für alle Kunden. Mitmachen können bei der «Häb Holz Trophy» 90 Personen, die Schreinerei verschickt rund 300 Einladungen an Generalunternehmer, Firmenpartner sowie Architekten. Der Betriebsleiter weist darauf hin, dass ebenfalls «kleine» Kunden am jährlichen Golfturnier willkommen sind. Warum gerade Golf? «Wir haben viele Kunden, die golfen, und auch ich spiele gerne eine Partie. Und irgendwann wird fast jeder einmal ein potenzieller Kunde, da ist man bei der richtigen Klientel», erklärt Weishaupt. Das Echo sei jeweils gut bis sehr gut. «Die ‹Häb Holz Trophy› ist das beliebteste Golfturnier des Golfclubs Appenzell!»

www.karlbucher.chwww.weishaupt.ch
Daniel Schnyder, Leiter Marketing und Kommunikation VSSM, gibt Auskunft zum Thema Premiumkunden.
SchreinerZeitung: Ist es für einen Schreinerbetrieb sinnvoll, manche Kunden speziell zu behandeln?
Daniel Schnyder: Ja, sei es als Schreinerei oder Industriebetrieb. Neben der klassischen Einteilung der Kunden nach Umsatz ist es auch sinnvoll, Schlüsselkunden zu identifizieren, die eine starke Ausstrahlung auf bestehende oder potenzielle Kunden haben.
Sonderbehandlungen lohnen sich doch nur für grössere Betriebe ...
Nein, die Pflege von Premiumkunden ist auch für kleinere Unternehmen interessant. Bei den meisten Schreinereien und holznahen Betrieben ist die Anzahl Kunden überblickbar, man kennt seine Kunden also gut.
Welchen Tipp geben Sie Schreinern?
Individuell auf Premiumkunden eingehen! Eine einfache und wirkungsvolle Methode ist zum Beispiel, sich die Geburtstage wichtiger Kunden zu notieren und am entsprechenden Tag zu reagieren. Diese Massnahme spricht Emotionen an und zeugt von Wertschätzung. Grundsätzlich bildet aber der Auftrag die Basis der Kundenbeziehung. Ein Premiumkunde darf einen grösseren Einsatz erwarten.

VB

Veröffentlichung: 07. März 2013 / Ausgabe 10/2013

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