Daniel Borner: «Wir müssen handeln.»

VSSM-Direktor Daniel Borner präsentierte an der Winterkonferenz des Schweizerischen Gewerbeverbandes in Klosters vor Spitzenvertretern der Verbände das VSSM-Bildungsprojekt. Bild: Fotografie Albrecht GmbH

Bildung.  Mit noch besser ausgebildetem Personal sollen Schweizer Schreinereien künftig ihr Handwerk und ihre Produkte optimaler positionieren können – besonders im Vergleich mit der ausländischen Konkurrenz. Der VSSM macht deshalb zum Thema Bildung mobil.

In der Theorie ist die Aus- und Weiterbildung ein Dauerthema. In der Praxis wird diesem Aspekt im Schreinergewerbe wohl zu wenig Beachtung geschenkt. Nur so ist zu erklären, dass lediglich rund ein Drittel der Unternehmer eine Weiterbildung absolviert haben, die über die Grundausbildung der Schreinerlehre hinausgeht. Hier sieht Daniel Borner, Direktor des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM), dringenden Hand- lungsbedarf. Im Interview mit der SchreinerZeitung erklärt der 50-jährige Thurgauer, wo der Hebel – auch in Anbetracht der neuesten Währungsentwicklung – angesetzt werden muss.

SchreinerZeitung: Sie sehen bildungsmässig in der Schreinerbranche viel Potenzial. Sind unsere Verbandsschreiner denn schlecht ausgebildet?

Daniel Borner: Dem ist natürlich nicht so. Der Schreinerberuf gilt nicht zufällig als Edelberuf des Handwerks und die Schreinerarbeiten als qualitativ hochstehende Erzeugnisse. Doch der Anteil jener Schreiner, die sich weitergebildet haben, ist uns zu gering. Das bestätigen auch unsere Unternehmer und Betriebsleiter, die grösste Probleme haben, Fach- und Führungskräfte zu rekrutieren.

Bei wem liegen nach Ihren Erkenntnissen die hauptsächlichen Defizite in Sachen Bildung, beim Unternehmer oder beim Arbeitnehmer?
Das gilt gleichwohl für den Schreinerpraktiker und den Schreiner wie auch für den Schreinermeister. Wir müssen handeln – auf allen Stufen. Zudem liegt nicht nur im Wissen Potenzial, sondern auch in Bereichen wie Umgang mit den Kunden und Serviceleistungen.

Worauf basieren diese Erkenntnisse? Sind diese Defizite in Zahlen belegbar?

Ja, wir haben 2013 eine Umfrage rund um die Demografie in der Schreinerbranche durchgeführt. Diese Zahlen gaben den Anstoss, das Thema anzugehen. Was beispielsweise erstaunte: rund 40 % der Unternehmer haben offensichtlich seit dem Lehrabschluss weiterbildungsmässig kaum etwas in ihre persönliche Karriere investiert. Die Umfrage zeigte zudem, dass die Arbeitnehmenden den Anstoss zur Weiterbildung eher vom Vorgesetzten erwarten, als diese selber zu initiieren.
Aber wird dem Thema Bildung im Handwerk nicht etwas zu viel Aufmerksamkeit geschenkt?
Wie wir wissen, ist die Halbwertszeit von Bildung äusserst gering. Im Gegensatz dazu steigen die Ansprüche in Sachen Wissen und Können stetig. Dieser Tatsache ist auch der Schreiner ausgesetzt, und dem wollen wir mit unseren Aktivitäten in nächster Zeit Rechnung tragen. Wir sehen das – insbesondere bei der steigenden Konkurrenz aus dem Ausland und den aktuell nicht eben verbesserten Rahmenbedingungen – als Aufgabe eines Branchenverbandes.
Mit diesem Thema kann weder der VSSM noch der Schreiner Geld verdienen.
Doch, langfristig betrachtet ganz bestimmt. Wir sind uns aber bewusst, dass wir weder ein attraktives noch ein dankbares Thema aufgreifen. Aber es gilt nun die Zeichen der Zeit zu erkennen und in diesem Falle aufzuzeigen, dass gut ausgebildete Schreiner der Schlüssel zum Erfolg jedes einzelnen Betriebs sind – auch finanziell.
Und wer profitiert letztlich?
Gefordert sind alle, investieren müssen ebenfalls alle, profitieren und partizipieren können aber ebenfalls alle:
  • jede einzelne Person, die sich arbeits- marktfähig verbessert;
  • jeder Betrieb, der sich profilieren kann, indem er die Kompetenzen im Unternehmen steigert;
  • die Branche, die sich auszeichnet mit gut qualifiziertem Fachpersonal, hoher Service- und Kundenorientierung.
  • Letztlich ist es der VSSM, der seine Aufgabe wahrgenommen hat und davon profitiert, dass seine Mitgliedbetriebe besser ausgebildet sind und sich gegenüber der in- und ausländischen Konkurrenz profilieren können.
Das tönt so weit gut. Doch wie will der VSSM das Projekt, das über vier Jahre zum Erfolg führen soll, angehen?
Im Fokus steht vorerst der Unternehmer. Bei ihm muss die Einsicht wachsen, dass Weiterbildung ein strategischer Erfolgsfaktor seines Betriebes ist und sich die Investitionen lohnen. Deshalb starten wir mit einer breiten Kampagne der Sensibilisierung. Wir nutzen die Plattformen der verschiedenen Sektionsgeneralversammlungen und anderen Veranstaltungen, um das Thema zu lancieren. Dabei sollen auch auf Mitglieder- basis Werte und Nutzen der Weiterbildung aufgezeigt werden. Ebenso möchten wir die Unternehmer über das breite Aus- und Weiterbildungsangebot in Kenntnis setzen, das sich innerhalb der Branche bietet.
Ist aber nach der reinen Sensibilisierung auch ein nächster Schritt geplant?
In einer zweiten Phase gehen wir vor Ort, wo wir die interessierten Führungskräfte und ihre Mitarbeitenden an verschiedenen Standorten abholen und beraten können – bis auf Unternehmensstufe.
Danach, wenn es an die Umsetzung geht, sind alle gefordert: Lernende, Fachkräfte, Unternehmer, Schulen, Sektionen, Fachgruppen usw. Wir erhoffen uns natürlich, dass wir letztlich vermehrte Lehrgangs- und Kursbuchungen erreichen können.
Wie möchten Sie das Unterfangen optimal lancieren und die Unternehmer an das Thema heranführen?

Zuerst muss es uns gelingen, alle Bildungspartner an Bord zu nehmen. Deshalb starten wir am 6. Juni mit einem Bildungskongress, in dessen Rahmen wir alle Bildungsfachleute der Schreinerbranche von unserer Absicht und Idee begeistern möchten. Dann werden wir in den nächsten vier Jahren alle möglichen Kanäle und Plattformen nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Ich denke insbesondere an Anlässe wie die Delegiertenversammlung, das Schreinerforum und die Messe Holz 2016.

VSSM-legislatur 2015 – 2018

Nachdem die letzten vier Jahre im Zeichen des 125-Jahr-Jubiläums, der Verbandsreorganisation und der Lehrreform standen, rückt der VSSM in der Legislatur 2015 bis 2018 die Aus- und Weiterbildung in den Mittelpunkt. Alle Aktivitäten zu diesem Thema basieren auf der Vision «Gut ausgebildete Schreiner, vom Lernenden bis zum Unternehmer, sichern den Erfolg der Schreinerbranche.». Das aktuell lancierte Projekt zur Information und Sensibilisierung der ganzen Branche verfolgt das Ziel, dass …

  • sich die Mitglieder gegenüber der Konkurrenz profilieren können;
  • die Unternehmer auf dem Arbeitsplatz qualifiziertes Personal finden;
  • ein attraktives Berufsbild Schreiner für Nachwuchs auf allen Stufen sorgt;
  • die Qualität der Aus- und Weiterbildung gefördert wird, um Branchenabspringer zu reduzieren;
  • ein bedarfgerechtes, flexibles Bildungsangebot zu erhalten und auszubauen.
www.vssm.ch

pet

Veröffentlichung: 22. Januar 2015 / Ausgabe 4/2015

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