Brauchtum und Geselligkeit

Antikschreiner, Musiker, Maler – Josi Gisler hat viele Talente. Seine Wochenenden verbringt der 59-Jährige am liebsten in seinem «Heimetli». Bild: Isabel Hempen

Auf 1130 Metern über Meer öffnet Josef Gisler die Tür zu seinem «Heimetli», von wo der Blick auf majestätische Berge und hinunter auf Altdorf und den Urnersee fällt. «Ich bin der Josi», stellt sich der 59-Jährige gutgelaunt vor, er mag es unkompliziert. Beinahe jedes Wochenende ist er hier oben, seit er das Haus vor zwölf Jahren selbst umbaute. «Wenn meine Frau und mein 26-jähriger Sohn Zeit haben, leisten sie mir gerne Gesellschaft», sagt er lächelnd. Aber nicht nur sie, denn Gisler ist ein kontaktfreudiger Mensch. Schon viele Freunde sind hier oben bewirtet, zahlreiche Jasse geklopft und viele Feste gefeiert worden, wovon die lange Tafel und der Grill auf dem Vorplatz zeugen. Während der Jagdsaison beherbergt er jeweils befreundete Jäger und kocht für sie, «währschaft gut» wie er sagt. Aufgewachsen ist Gisler in der Urner Gemeinde Schattdorf, auf deren Boden auch sein «Heimetli» steht. Seit langer Zeit befindet sich dieses schon im Besitz der Familie, «mein Grossvater hat hier oben noch ‹puuret›», erzählt er, während er an der Kaffeemaschine hantiert. Die moderne Küche liess er von der Markus Püntener AG einbauen, bei der er seit 28 Jahren als Bereichsleiter im Verkauf tätig ist. Nach der Schreinerlehre arbeitete er zwei Jahre als Antikschreiner im sanktgallischen Degersheim und kehrte dann nach Schattdorf zurück, wo er sich für einige Jahre als Antikschreiner selbstständig machte. Gisler ist das zweitjüngste von sieben Geschwistern. «Familie bedeutet mir sehr viel», sagt er. Mit dem Einverständnis der ganzen Sippe übernahm er das alte «Heimetli», weil er als Schreiner dafür die besten Voraussetzungen mitbrachte. Das geräumige Haus mit insgesamt elf Betten bietet genügend Platz für seinen grossen Verwandten- und Bekanntenkreis. Nach einem Rundgang durchs Haus führt Gisler hinüber in den Gaden. Hier hat er ein veritables Museum mit landwirtschaftlichen Gerätschaften und traditionellem Schreinerwerkzeug eingerichtet. An der Wand lehnt ein riesiges Acrylgemälde eines Berges, das von echtem Können zeugt. «Ich habe eine Zeit lang sehr leidenschaftlich gemalt», erzählt Gisler, «aber wegen der Musik habe ich dieses Hobby ein wenig liegen lassen.» Sagts und greift zu seinem Schwyzerörgeli, das in einer Ecke steht. Spontan gibt er ein «lüpfiges» Ständchen. Gisler, so viel ist klar geworden, hat viele Talente. Volksmusik mochte er immer schon, doch zum Musizieren kam er erst im Alter von 25 Jahren. «Das Spielen habe ich mir mehrheitlich selbst beigebracht», sagt er und holt eine CD der «Schiltbüäbä» hervor – seit 25 Jahren ist er bereits Teil des Schwyzerörgeli-Trios. Ausserdem spielt er mit zwei seiner Brüder Alphorn – schon der Vater beherrschte das Instrument. Mit beiden Formationen probt er regelmässig, ab und zu auch hier oben in seinem Wochenenddomizil. An Geburtstagen, Hochzeiten oder Vereinsanlässen absolvieren sie jedes Jahr einige Auftritte. Für Gisler keine Verpflichtung, denn – «wir leben ja nicht von der Musik, sondern spielen aus Freude», wie er sagt. Rein dem Vergnügen dient auch sein «Büchel»; die Innerschweizer Naturtrompete spielt er nur hier oben, umgeben von viel Natur. Freude an dem, was er tut – das ist für ihn etwas vom Wichtigsten.

«Ich habe eine Zeit lang sehr leidenschaftlich gemalt, aber wegen der Musik habe ich dieses Hobby ein wenig liegen lassen.»

Isabel Hempen

Veröffentlichung: 12. Mai 2022 / Ausgabe 19/2022

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