Auch Äpfel und Birnen

Bild: Christian Härtel Ansichtssache: Bei jeder Breitenverleimungen aus Massivholz gibt es Kompromisse. Das erfahrene Auge macht den Unterschied aus.

Massivholzplatten.  Verleimtes Massivholz mit durchgehenden Lamellen erfreut sich bei Schreinern zunehmender Beliebtheit. Das Angebot ist gross. Schweizer und importierte Ware mischen sich munter, was die Frage nach den Qualitäts- und Preisunterschieden aufwirft.

Schreiner Ulrich Renggli hat schon öfter fertig verleimte Massivholzplatten verarbeitet. Damit gehört er zur grösser werdenden Gruppe von Schreinern, die massive Platten mit durchgehenden Lamellen fertig einkaufen. «Ein wachsender Markt», bestätigen die Lieferanten und Produzenten unisono. Entsprechend gross ist das verfügbare Angebot.

Die Vorteile beim Bezug von Halbfertigprodukten gegenüber der eigenen Produktion liegen auf der Hand: weniger Risiko und Arbeitszeit, die je nach Holzart und Qualität der verfügbaren Klotzbretter schwer zu kalkulieren sind. Stattdessen erhält man eine genaue, einfache und schnelle Kalkulationsgrundlage. Unter dem Strich lohnt sich das wohl vor allem für diejenigen, die zum Richten und Verleimen des Holzes nicht auf eine Vierseitenhobelmaschine, eine Verleimpres- se und auf ein gut bestücktes Holzlager zurückgreifen können. Aber natürlich kommt es darauf an, etwa darauf, wie viel Arbeit aktuell ansteht, vor allem aber darauf, ob für den Auftrag besondere Anforderungen gelten. Es geht auch um den Anspruch, alles selbst machen zu wollen. «In ländlichen Schreinereien wird mehr verleimt als in den Städten. Junge Schreiner überlegen sich eher, wo sie Geld verdienen können. Früher war der Schreinerstolz wichtiger. Heute schaut der Schreiner schon, ob er kostengünstig einkauft. Und man kann rechnen, wie man will: Es ist günstiger, Leimholzplatten zu kaufen, als selbst zu verleimen. Auch eine Rolle spielt die Holzart, welche die Schreiner oft nicht an Lager haben», erklärt Andreas Ruch, Mitinhaber der Woodwork AG.

Sigi Senti, Bereichsleiter bei der Atlas Holz AG, sieht bei den Schreinern drei Gruppen: «Ein Massivholzschreiner verleimt in der Regel selbst. Jener, der wenig bis selten etwas mit Massivholz macht, der kauft öfter hochwertige Platten. Und schliesslich gibt es den Kleinschreiner, der vielleicht gar nicht die Einrichtung hat, um Massivholz zu verarbeiten.»

Wie vom Schreiner gemacht?

Massive Platten mit durchgehenden Lamellen gibt es heute in nahezu allen Holzarten. Geht es um Schreinerware, kommt meist die Qualität A/B zum Einsatz. Das heisst, eine Seite ist praktisch fehlerfrei, die Rückseite darf kleine Fehler enthalten. Übliche Eigenschaften wie etwa Splintanteil sind damit auf der Rückseite toleriert. Auch bei der Verleimung sind die Unterschiede nicht gross. In der Regel werden die Platten entsprechend der Beanspruchungsgruppe D3, seltener D4, verleimt. Neben Weissleim kommen PU-Klebstoffe zum Einsatz. Aber: Die Unterschiede beim eingesetzten Klebstoff sind nicht entscheidend, sie hängen eher von den betrieblichen Gegebenheiten der Produzenten ab. Manchmal wird auch nur die entsprechende Beanspruchungsklasse angegeben und nicht etwa der verwendete Klebstoff-Typ. «In der Regel sind die Platten nach D3 verleimt. Bei unseren «à la Carte»-Platten verwenden wir in der Regel PU-Leim», erklärt Senti. Die früher üblichen Verleimprofile wie die Kronenfuge sind heute aber kein Thema mehr. «Vor 25 Jahren hatten wir die Wahlmöglichkeit sogar standardmässig im Programm. Aber heute ist das bedeutungslos. Eine Verzahnung der Fugen bei Breitenverleimungen wird gar nicht mehr nachgefragt», so Sigi Senti.

Was macht den Unterschied?

Trotz der Ähnlichkeit muss man aufpassen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Auf dem Markt sind zum einen die industriell gefertigten Platten, vor allem Importware aus den Ländern Osteuropas. «Diese Platten sind günstiger, haben aber oft fixe Lamellenbreiten», weiss Senti. Der Fachmann gesteht auch ein: «Die Qualität solcher Platten ist in der Regel gut.» Aber: Auf das Holzbild wird dabei nicht so viel Wert gelegt. «Das liegt unter anderem daran, dass die Produktion schnell läuft und die einzelnen Friese nicht von Holzfachleuten gelegt werden», erklärt Ruch.

Daneben gibt es die auf Format produzierten Platten, die individuell nach Auftrag gefertigt werden. «Die sind natürlich teurer, aber man hat keinen Verschnitt und ist variabel bei den Lamellenbreiten. Das kommt der Breitenverleimung, wie sie der Schreiner selbst macht, schon sehr nahe», weiss Senti.

Für die Produktion solcher Platten greift die Atlas Holz AG auf einige wenige Schweizer Hersteller zurück. Diese fertigen dann im Auftrag meist mit den Klotzbrettern des Lieferanten und damit auch überwiegend aus Schweizer Holz. Vor allem aber erfolgt das Legen des Holzbildes für die Breitenverleimung durch Holzfachleute.

Alles wunschgemäss?

Aber auch in der professionellen Produktion von Leimholzplatten wachsen die Bäume nicht in den Himmel und ein Stamm gibt nur begrenzt Bretter mit stehenden Jahren her. «Gibt es hohe Ansprüche, wie ausschliesslich stehende Jahrringe, oder eine genaue Anzahl Leimfugen, wird es schwierig», erklärt Sigi Senti. Denn für die Produzenten ist es wichtig, alle anfallenden Lamellenbreiten verwenden zu können, damit es eine vernünftige Kalkulationsgrundlage gibt.

«Bei vielen Kleinteilen oder wenn besondere Holzarten gewünscht werden, die der Produzent vielleicht nicht auf Lager hat, muss auch er auf Sicherheit kalkulieren und lässt sich die massgeschneiderte Platte dann auch entsprechend bezahlen», ergänzt Senti. Genauso verhält es sich bei Wünschen nach reinen Riftbrettern für eine Platte. «Das Holz eines Stammes wird immer gebraucht: Filetiert man die Stämme, bleibt zu viel übrig und der Verschnitt wird so gross, dass man das Ganze kaum bezahlen kann», erklärt Senti.

Wie sieht die richtige Mischung aus?

Industrielle Fertigungsmethoden mit handwerklicher Sorgsamkeit verbindet die Firma Woodwork AG. Massivholzplatten werden nur auf Kundenwunsch gefertigt. «Den Qualitätsunterschied macht die optische Zusammenstellung des Holzbildes durch einen Fachmann aus. Importware ist oft einfach verleimt, eine Tischplatte sollte aber gelegt werden», erklärt Ruch. Ausserdem braucht der Zuschnitt viel Zeit. Danach geht es flott. Moderne Hobelautomaten und vor allem die Hochfrequenzpresse sorgen beim Schweizer Unternehmen für Wettbewerbsfähigkeit. «Eine Tischplatte braucht in der Hochfrequenzverleimung drei Minuten. Die Anlage läuft etwa einen Tag die Woche. Was früher ein Mann in einer Woche verleimt hat, macht die Anlage heute in weniger als zwei Stunden», so Ruch. Bei der Verleimung achtet man nicht stoisch auf die Verleimregeln. «Das macht weder die Industrie noch wir und es gibt keine Probleme damit», so Ruch. Viel wichtiger als die schulmässige Anwendung der Verleimregeln sei die sachgemässe Behandlung der Platten. Nicht selten kämen Platten in Schreinereien, wo sie einem viel zu trockenen Raumklima ausgesetzt seien, vor allem im Winter, wenn gut geheizt werde, sind sich die Fachleute einig.

Für den gelernten Schreiner Ruch ist wichtig, dass eine Platte eine ausgewogene «Gewichtsverteilung» hat, wie Ruch es nennt. Ist am Rand ein etwas helleres Fries, dann braucht das ein optisches Gegengewicht, damit die Platte ruhig und wie gewachsen wirkt.

Auch wenn das Holzbild stimmt und der Verschnitt bei konfigurierten Massivholzplatten nahe null ist, sollte der Schreiner einige Flächen selbst herstellen, meint Senti. «Ein Tischblatt muss durch die Hand des Schreiners gelegt werden, das macht den Charakter aus.» Senti macht sich fast ein wenig Sorgen, dass das Wissen beim Schreiner um Holz durch immer mehr Halbfertigprodukte etwas verloren geht. Der Fachmann berichtet von einem Auftrag, bei dem eine Eichentischplatte aus Friesen mit stehenden Jahren gewünscht wurde. Es sollten aber keine Spiegel zu sehen sein. «Wir haben das Möglichste getan, aber ohne eine Garantie, dass am Ende wirklich keine Spiegel zu sehen sind», so Senti. Der Auftrag kam von einem Schreiner.

Auch Altholz und Räuchereiche sind nicht so einfach, weshalb die Produzenten sich das entsprechend bezahlen lassen. «Wer keine Erfahrung mit Altholz hat, fällt bei der ersten Kalkulation oft auf die Nase», sagt Senti, denn der Verschnitt ist gross und ein Bild zu legen, nicht so einfach. Auch die geräucherte Eiche hat ihre Tücken. Durch das Räuchern wird das Holz spröde und oft gibt es an der Oberfläche feine Risse, die man zwar zunächst nicht sieht, aber – wie so oft – dann in der fertigen Platte auftauchen. Damit geht es allen gleich, egal, ob Industrie oder Handwerk.

www.woodwork.chwww.atlas-holz.ch

ch

Veröffentlichung: 08. Mai 2014 / Ausgabe 19/2014

Artikel zum Thema

24. April 2025

Jörg Teunissen wird neuer Geschäftsführer

mehr
24. April 2025

Most Trusted Brand

mehr

weitere Artikel zum Thema:

News