Alles für die Lorbeer-Krone

Der 22-jährige Schreiner Konrad Steffen – oder Steffen Konrad, wie es bei den Schwingern heisst – will im Sägemehl noch viele Kränze erringen.

Ja, auch die Schweiz hat ihre Könige – gekrönt werden sie alle drei Jahre am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest, und jeder Zwilchhosenträger träumt davon, eines Tages in diesen erlauchten Kreis einzutreten. Im Königreich der Schwinger herrschen eigene Regeln: Der Titel wird nicht vererbt, sondern im Sägemehl errungen; die Krone ist ein Kranz, aus Lorbeer geflochten. Als sich die Anwärter jüngst in Estavayer-le-Lac versammelten, um vor den Augen von 52 000 Zuschauern einen neuen König unter sich auszumachen, war auch der 22-jährige Konrad Steffen, im Schwingerjargon Steffen Konrad, aus Koppigen dabei. «Beim Einmarsch in die Arena habe ich etwas Wehmut verspürt», sagt er. Die Enttäuschung in seinen Worten rührt daher, dass ihm bei seiner Premiere am Eidgenössischen als Reservist des Berner Teilverbands eine Rolle im Hintergrund zugedacht war. Aber selbst der Platz auf der Ersatzbank war ein grosser Erfolg für den jungen Schreiner. «Die Teilnahme wird einem nicht geschenkt, die muss man sich erst verdienen», erklärt er. Sie war der Lohn für unzählige schweisstreibende Stunden im Keller des Schwingklubs Sumiswald – immer abends nach der Arbeit in der Schreinerei – und für eine gute Saison. Im Sägemehl fühlt sich der Schreiner rundum wohl. «Wenn ich auf den Platz komme und das Sägemehl rieche, ‹heimelet› es und es kommen Emotionen auf», sagt er. Der Emmentaler ist wie bereits sein Vater, seine Onkel, Brüder und Cousins im Sägemehl gross geworden. Von der Terrasse seines Elternhauses geht der Blick auf das Heim von König Sempach Matthias, unweit von ihm wohnt das Jungtalent Käser Remo. Als Bub träumte auch Steffen davon, den Gegner im Schlussgang eines Eidgenössischen auf den Rücken zu zwingen und sich die Krone aufsetzen zu lassen. Aber um ein ganz Böser zu werden, dafür fehlen ihm ein paar Zentimeter.

«An Masse kann ich noch zulegen, an der Körperlänge lässt sich nicht rütteln», sagt er und lächelt. Trotzdem hat er noch nie mit dem Gedanken gespielt, aus den Schwingerhosen zu steigen. Vielmehr will er ein guter «Chranzer» werden und den einen oder anderen Bösen im Ring mit seiner Spezialität, dem Hakenschwung, aufs Kreuz legen. Vielleicht wird ihm das schon am nächsten Königstreffen in drei Jahren in Zug gelingen. «Dann will ich unbedingt dabei sein», sagt er. So oder so – einen kleinen Sieg durfte er bereits am heurigen Eidgenössischen feiern. Denn was dem Zuschauer nicht sofort ins Auge fällt: Schwingen ist auch ein Mannschaftssport. Wenn es heisst «Manne id Hose», wenn sich bullige Körper wie kämpfende Stiere ineinander verkeilen, ist jeder auf sich gestellt, «den Gang musst du selber schwingen, das nimmt dir niemand ab», sagt Steffen. Hinter den Kulissen jedoch schmieden Trainer und Betreuer taktische Pläne, während die Teamkollegen aus dem Teilverband ihren Titelaspiranten unterstützen, motivieren und auf den Gegner einstellen. «Wir sind mit dem Ziel nach Estavayer gefahren, den Schwingerkönig aus dem Kanton Bern zu stellen», erklärt der Koppiger. Und mit dem Sieg von Glarner Matthias über Orlik Armon im Schlussgang hat das für die Berner und für Steffen Konrad hervorragend geklappt.

«Wenn ich auf den Platz komme und das Sägemehl rieche, ‹heimelet› es und es kommen Emotionen auf.»

sas

Veröffentlichung: 08. September 2016 / Ausgabe 36/2016

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