Von der Holz- zur Spielkonsole

Tobias Grolimund (35)ist vom Sammler von Retro-Games zum Händler geworden und führt in Worb seit 2018 einen Game-Shop. Bild: Christian Bärtschi

Wer mit Super-Mario und Zelda aufgewachsen ist, der fühlt sich im Retro-Game-Shop von Tobias Grolimund sofort zu Hause. An den Wänden hängen bunte Game-Plakate, im Verkaufsraum stehen Spielfiguren, und im hinteren Teil des Geschäfts können Kunden sogar zocken. Grolimund hat sich im Juni 2018 einen Traum erfüllt und im Einkaufszentrum «Waebi» im bernischen Worb einen Shop für Retro-Games eröffnet. Bereits seit rund zwei Jahren führt er einen Online-Shop. «Ich habe mit meiner Frau öfters über meinen Traum gesprochen. Wenn ich solche Ideen wälze, sagt sie jeweils irgendwann: ‹Mach es jetzt oder lass es.›.» Grolimund hat den Schritt gewagt und es bisher noch nie bereut. Als eifriger Gamer wurde der gelernte Schreiner irgendwann zum Sammler von älteren Konsolenspielen. Später begann er, mit seinen überzähligen Game-Klassikern zu handeln. Als Retro-Games bezeichnet er übrigens Spiele – in seinem Fall vor allem für Konsolengeräte –, die nicht mehr im Verkauf erhältlich sind. Nebst Games inklusive der dazu nötigen Konsolen bietet er auch ein kleines Sortiment an neuen Spielen an. Zurzeit ist in der Schweiz eine grosse Nachfrage nach Retro-Gegenständen wahrzunehmen. Das ist gut für seinen Shop und für die zwei Konkurrenten, die in Thun BE und St. Gallen ähnliche Läden betreiben. Doch eigentlich sehe man sich gegenseitig nicht als Konkurrenz an, erklärt der Shop-Betreiber. «Man kennt und schätzt sich, und es gibt genug Kunden für alle.» Zwischen seinem Nebenjob als Game-Shop-Betreiber und seinem ursprünglichen Beruf als Schreiner gibt es durchaus Überschneidungen. In seiner Schreinerlehre hat Grolimund für einen Lehrlingswettbewerb im 4. Lehrjahr ein rundes, rollbares Schränkchen für seine Games hergestellt. Mit diesem Werk erreichte er den 3. Rang.

Seine solide Ausbildung schätzt er noch immer sehr. Und mindestens ein Projekt im Bereich Holz will er in nächster Zeit noch umsetzen: «Ich möchte gerne einen schönen, grossen Esstisch herstellen», verrät er.

In seinem Shop steht der Game-Fan im regen Kundenkontakt. Und wie sich während des Interviewtermins beobachten lässt, liegt ihm das Beraten seiner Kunden sehr am Herzen. Er zeigt hier ein Game, erklärt, wo Ersatzteile für eine Konsole zu finden sind, spendiert zwischendurch ein Getränk und ist voll in seinem Element.

Die Menschen, die sich, wie er, für Game-Klassiker interessieren, sind sichtlich erfreut, einen so kompetenten Ansprechpartner vor sich zu haben. «Der direkte Kontakt mit Gleichgesinnten macht vielen Gamern Freude. Es ist halt etwas anderes, als im Internet ein Spiel zu bestellen. Hier kann ich die Ware anfassen, Fragen stellen und lerne eventuell noch Gleichgesinnte kennen», bringt es Grolimund auf den Punkt.

Als Gamer reizt auch ihn das Gesellige an den Spielen: «Ich habe früher einen grossen Teil meines Lehrlingslohns in Spiele investiert und oft mit meinen Kollegen gezockt», erzählt der 35-Jährige. «Wir spielen noch heute ein- bis zweimal pro Jahr eine Runde. Die alten Spiele mag ich besonders, weil du sofort starten kannst und nicht noch ewig irgendwelche Updates machen oder Anleitungen lesen musst», sagt er. Und so erklärt sich auch das Retro-Angebot in seinem Shop.

«Der direkte Kontakt mit Gleichgesinnten macht vielen Gamern Freude. Es ist halt etwas anderes, als im Internet ein Spiel zu bestellen.»

cb

Veröffentlichung: 21. März 2019 / Ausgabe 12/2019

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