Nicht nur für Sterngucker
Pyramidenförmige «Lichtkuppel» einer Villa in Holz umgesetzt. Kunstvoll gearbeitet und hoffentlich mit Sonnenschutzgläsern ausgestattet. Bild: Solara GmbH
Pyramidenförmige «Lichtkuppel» einer Villa in Holz umgesetzt. Kunstvoll gearbeitet und hoffentlich mit Sonnenschutzgläsern ausgestattet. Bild: Solara GmbH
Dachverglasungen. Eine wirkungsvolle Variante, das Dachgeschoss zu einem lichtdurchfluteten Wohnraum umzuwandeln, ist eine teilweise Verglasung. Viele Fensterbauer winken bei diesem Thema jedoch ab – denn durch die exponierte Lage gibt es einige Knackpunkte zu lösen.
Alles Gute kommt von oben, heisst es. Licht zum Beispiel, das durch verglaste Elemente im Dachbereich ins Gebäudeinnere fällt. In eher dunklen Dachgeschossen stellen sie eine relativ einfache und wirkungsvolle Lösung dar, um eine wohnlich angenehme Raumsituation zu schaffen. Gerade in den Städten, wo Wohnraum teuer ist und Dächer aufgestockt und zu Wohnraum umgewandelt werden, stellt die Dachverglasung eine interessante Möglichkeit dar, dies zu verwirklichen.
Die verbreiteten Oberlichtfertigelemente auf dem Dach sind eine Domäne von spezialisiserten Anbietern; gemeint sind nicht die Ausstiegsluken für Dachterrassen oder reine Dachflächenfenster. Es geht um fest verglaste Dachelemente, die oft mit Fensterflügeln kombiniert, anstelle von Dachziegeln zum Einsatz kommen. Durchaus eine Möglichkeit für den Fensterbauer, etwas Spezielles anzubieten.
Sucht man jedoch nach Anbietern solcher Lösungen, landet man entweder bei spezialisierten Unternehmen im Ausland oder bei ganz wenigen Akteuren im Fensterbau, die sich diesem Thema angenommen haben. «Die Metallbauer sind hier aktiver als die Hölzigen. Die trauen sich nicht so richtig ans Dach, weil das ein sensibler Bereich ist», weiss Josef Erni, Niederlassungsleiter von Raico Swiss. Der Anbieter von Profilen bietet mit dem Pfosten-Riegel-System «Therm» eine geprüfte Konstruktion für alle Rahmenmaterialien für den Praktiker an. Neben dem Anschluss zur Dachfläche ist die Ausbildung des Profils das Kernstück einer Dachverglasung. Aufgrund der Exponierung muss der Wasserführung grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Rahmenkonstruktion muss so ausgebildet sein, dass Kondenswasser oder eindringende Feuchtigkeit nach aussen abgeführt werden kann.
Eine der wenigen Schweizer Anbieter von Dachverglasungen mit Schreinerwurzeln ist die Wenger Fenster AG in Wimmis. Dort hat man Verständis für die Zurückhaltung einiger Berufskollegen: «Es ist nicht ganz so einfach, Dachverglasungen zu realisieren und dabei die Sicherheit der Konstruktion gewährleisten zu können», sagt Kurt Wenger, Verkaufsleiter des Unternehmens. «Eine Dachverglasung bedingt einen höheren Planungsaufwand», fügt Wenger an: zum Beispiel bei der Ausbildung der Querstösse. Die Deckleisten der linienförmig befestigten Glasscheiben sollten eine möglichst geringe Bauhöhe aufweisen, damit kein grosser Wasserstau entstehen kann. «Je geringer die Dachneigung, desto eher bilden sich Schmutzränder an den Querstössen», berichtet Erni. Obwohl das Raico-System mit flachem und geschrägtem Abdeckprofil bis zu einer Dachneigung von nur zwei Grad geprüft ist und viele Bauherren am liebsten ein flaches Glasdach haben möchten, rät Erni deshalb zu einer grösseren Dachneiung bei Verglasungen.
Aber selbst dann muss sauber gearbeitet werden. Für Erni ist klar: «Je flacher das Dach, desto exakter muss alles sein.» Dass die Gläser spannungsfrei montiert werden müssen, versteht sich von selbst. Auch, dass die Unterkonstruktion aus dimensionsstabilen verleimten Hölzern ausgeführt werden sollte. Jeder Stoss in der Dichtungsebene braucht grosse Aufmerksamkeit, damit später nicht die Freude am Ausblick getrübt wird.
Und von innen droht ebenfalls Ungemach, wenn flächige Dachverglasungen in der Nähe von Feuchtequellen liegen und eine Belüftung nicht gegeben ist. Das kann im Bereich von Badezimmern oder Küchen der Fall sein. Deshalb ist bei einer Dachverglasung die Kombination von Festverglasung und Flügeln zum Öffnen ratsam, um einen Luftaustausch zu ermöglichen.
Weiterer Knackpunkt bei Dachverglasungen ist der Anschluss zum Baukörper. Die Abstimmung mit dem Dachdecker und dem Spengler muss gut funktionieren. Das tschechische Unternehmen Solara hat sich auf dieses Gebiet spezialisiert. Auf mögliche problematische Schnittstellen lässt sich die Firma dabei nicht ein. Man hat eigene Spengler im Betrieb und bietet Dachverglasungen nur mit eigener Montage an. Von der Planung über die Fertigung bis zur Montage mit einem fertigen Dachanschluss kommt so alles aus der eigenen Hand.
Die Wenger Fenster AG hat ein eigenes System für flächige Verglasungen am Dach entwickelt. Insbesondere die flächenbündige Integration von Dachflächenfenstern und Festverglasungen zu Solarmodulen kann so in architektonisch ansprechender Weise realisiert werden. Den Aufwand einer eigenen Entwicklung hat man im Unternehmen auch wegen der hohen Anforderungen an den Wärme- und Schallschutz betrieben. «Das war uns besonders wichtig bei unserer eigenen Lösung», erklärt Wenger. Das System mit Stufenglas ist somit gegenüber den Standardprofilen im Hochpreissegment angesiedelt.
Zum Einsatz kommt für alle Lösungen stets das gleiche Profil. Egal ob es sich um ein Dachfenster oder eine Festverglasung handelt. Einen weiteren Vorteil der flächenbündigen Integration ins Dach sei auch, dass der Denkmalpfleger mit dem System kein Problem habe.
Die für Dachverglasungen verwendeten Isoliergläser sind in der Regel aussen mit einem Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) und innen mit einem Verbundsicherheitsglas (VSG) aufgebaut. Der Scheibenzwischenraum liegt meist bei 12 bis 16 mm. Wie die Konstruktion selbst, sind auch bei den Gläsern die örtlichen Besonderheiten zu beachten. Neben den üblichen Aspekten wie Wind- und Schneelasten, dem Eigengewicht und der abhängigen Grösse der Scheiben, auch mögliche Temperaturstürze vor Ort, die Probleme bereiten können.
Um Glasbruch infolge grosser Temperaturen zu vermeiden, ist nach guter fachlicher Praxis ein Glaseinstand von 20 mm nicht zu überschreiten, so eine technische Richtlinie aus Deutschland. Für den UV-Schutz des Randverbunds beim Einsatz von Stufengläsern soll demnach eine Emaillierung im Siebdruckverfahren aufgebracht werden. Gleiches gilt auch für einen Glasüberstand, der als Traufkantenabschluss dient. Auch hier muss der freiliegende Isolierglasverbund etwa mit einem Keramikstreifen gegen UV-Strahlung geschützt werden.
«Den Aufbau der Gläser für Dachverglasungen und Dachschiebefenster lösen wir immer individuell», erklärt Katerina Rysankova, Kundenberaterin bei der Solara GmbH. Oft kommen aussen selbstreinigende Scheiben zum Einsatz, da eine Säuberung des Glases oft gar nicht möglich ist.
Bei grossen Glasflächen ist der sommerliche Hitzeschutz obligatorisch. Aus gestalterischen Gründen wird aber nicht immer die effektivste Variante in Form einer Aussenbeschattung umgesetzt. Die Verwendung von Sonnenschutzglas ist dann unumgänglich, um ein Aufheizen des Raumes zu vermeiden, denn nur ein innenliegender Sonnenschutz kann das bei grossen Glasflächen nicht vermeiden. Für motorisch betriebene, aussenliegende Markisen werden Standardprodukte verwendet. Spezielle Entwicklungen für Dachverglasungen gibt es hier kaum. Ein weiterer Punkt, warum die Planung aufwendig ist. Für den Kundennutzen ist es jedoch entscheidend, auch hier gut beraten zu werden, damit auch im Sommer die Freude über den Ausblick bleibt.
Trotz aller zu lösenden Knackpunkte sind Dachverglasungen aus der zeitgenössischen Architektur kaum mehr wegzudenken. Denn gegenüber Dachaufstockungen sind Verglasungen eine realtiv einfache Möglichkeit, den vorhandenen Raum effizient zu nutzen. Aber sie sind besonderen Beanspruchungen ausgesetzt, da die Gläser Funktionen übernehmen müssen, die eigentlich den altbewährten und nichttransparenten Baustoffen vorbehalten waren.
Die Fenster- und Fassadenbauer im Holzbereich sollten dieses interessante Betätigungsfeld aber nicht den Metallbauern überlassen. «Dort gibt es schon einige, die Lösungen auch in Holz anbieten», berichtet Josef Erni.
www.raico.dewww.wenger-fenster.chwww.solara.cz/dewww.baufritz.comVeröffentlichung: 20. November 2014 / Ausgabe 47/2014
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