Mit Wasserstoff ans Ziel


Von aussen sieht man dem Fahrzeug die Antriebstechnologie kaum an. Bild: H2 Mobilität
Von aussen sieht man dem Fahrzeug die Antriebstechnologie kaum an. Bild: H2 Mobilität
Nutzfahrzeuge. Wasserstoffantriebe sind bald eine Alternative zu batteriebetriebenen Fahrzeugen. Mehrere Tankstellen eröffnen in der Schweiz in Kürze ihren Betrieb, und auch die Auswahl an Fahrzeugen steigt langsam an.
Um die CO2-Emissionen im Strassenverkehr nachhaltig zu reduzieren und immer strenger werdende gesetzliche Vorgaben zu erreichen, zeichnen sich heute drei Möglichkeiten ab: Entweder man treibt Fahrzeuge elektrisch über Batterien an, mit Wasserstoff über Brennstoffzellen oder mit synthetisch hergestelltem Treibstoff über Verbrennungsmotoren. Für den Transport schwerer Lasten oder für weite Strecken sind batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge nicht wirklich geeignet. Dafür bietet sich der Antrieb mit Wasserstoff an, der aus erneuerbarer Energie erzeugt wird.
Dass wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge die richtige Lösung für einen CO2-armen Verkehr sind, glauben mittlerweile nicht nur mehr die Mitglieder des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz (siehe Kasten), sondern weltweit angesehene Wissenschaftler und Mobilitätsspezialisten. Der Verein will bis 2023 schweizweit flächendeckend Wasserstofftankstellen errichten und endlich das leidige Thema der fehlenden Tankstellen aus der Welt schaffen.
Die Wasserstoffmobilität bietet alle Vorteile emissionsfreier Elektrofahrzeuge, wenn es darum geht, das Klima nachhaltig zu schonen. Voraussetzung dafür ist, dass die elektrische Energie für die Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Quellen wie Sonnenenergie oder Wasserkraft stammt. Der Strom nämlich zerlegt Wasser mit dem Prozess der Elektrolyse in dessen Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff.
Der Wasserstoff wird in Containern mit Hochdrucktanks gespeichert und zu den Tankstellen transportiert. An Bord der Fahrzeuge wandeln dann die Brennstoffzellen den Kraftstoff Wasserstoff direkt in elektrische Energie um, und treiben mit dieser die Elektromotoren an.
Brennstoffzellenfahrzeuge sind höchst effiziente Elektrofahrzeuge mit viel weniger Energieverlusten als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Sie fahren emissionsfrei, weil sie – neben elektrischem Strom – nur Wärme und Wasserdampf produzieren und an die Umwelt abgeben.
So viel lässt sich ganz kurz zur Frage der Energiequellen sagen. Aber wie weit ist die Fahrzeugindustrie mit ihrem Angebot an Fahrzeugen, die sich mit Wasserstoff antreiben lassen? Bis heute gibt es, was Nutzfahrzeuge angeht, drei namhafte Hersteller mit Wasserstoffkompetenz, allesamt aus Asien: Honda, Toyota und Hyundai – allen voran Hyundai, respektive die Hyundai Hydrogen Mobility AG, die mit ihrem Lastwagen «H2 XCient» dieses Jahr den Truck Innovation Award 2020 gewonnen hat. Der Hyundai «H2 XCient» wurde nach europäischen Richtlinien entwickelt und wird vorerst als 4×2-Variante mit Trocken- oder Kühlkoffer und einem Zuggesamtgewicht von 34 Tonnen an Schweizer Kunden ausgeliefert. Er bezieht den für den Antrieb benötigten Strom von zwei 95-kW-Brennstoffzellen, welche Wasserstoff und Sauerstoff aus der Umgebungsluft in elektrische Energie umwandeln. Der Brennstoffzellenbetrieb ist emissionsfrei, es wird nur reiner Wasserdampf ausgestossen. Unterstützt wird das System von einer 73,2-kW-Batterie.
Die 34,5 Kilogramm Wasserstoff in sieben Hochdrucktanks im Fahrzeug ermöglichen eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern. Sie ist unabhängig von der Aussentemperatur und verschlechtert sich auch nachts oder bei kaltem Wetter nicht. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber den batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen. Die Nutzlast bleibt dabei etwa gleich wie bei einem dieselbetriebenen Lastwagen.
Die Hyundai Hydrogen Mobility AG ist übrigens eine Partnerschaft zwischen der Hyundai Motor Company und dem Schweizer Unternehmen H2 Energy. Die ebenfalls in der Schweiz ansässige Hyundai Hydrogen Mobility AG hat zum Ziel, die europäische Nutzfahrzeugbranche nachhaltig und umweltfreundlich zu verändern und bietet hierzu emissionsfreie Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb an. Bis 2025 will Hyundai insgesamt 1600 Brennstoffzellen-Lastwagen auf den Schweizer Markt bringen und ist auf direktem Weg dazu.
Der Wasserstoff wird in Containern mit Hochdrucktanks gespeichert und zu den Tankstellen transportiert. Das für den Schwerverkehr ausgebaute Tankstellennetz kann von allen wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen genutzt werden, wobei 350-Bar-Zapfsäulen für die Nutzfahrzeuge und 700-Bar-Zapfsäulen für Personenwagen eingesetzt werden. Die erste Tankstelle im aargauischen Hunzenschwil ist bereits in Betrieb. In Kürze sollen Crissier VD, Dietlikon ZH, Geuensee LU, Rümlang ZH, St. Gallen und Zofingen AG folgen.
Die Wasserstofftankstellen müssen – wie alle anderen Tankstellen auch – gesetzliche Anforderungen erfüllen. Aufgrund ihrer extremen Druck- und Temperaturbedingungen musste man neue Mess- und Eichmethoden für die Volumenmessung entwickeln, die umfangreich und kompliziert sind. Die Angst, die in vielen Köpfen grassiert, dass diese ganze Wasserstofftechnologie wegen der hohen Drücke in Tanks gefährlich sei, ist heute unbegründet. Eine unkontrollierte Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff ist auch im Betrieb eines Brennstoffzellenautos so gut wie ausgeschlossen. Der Wasserstoff wird gasförmig in extrem dickwandigen, sicheren Tanks gespeichert, die auch gröberen Schlägen, zum Beispiel bei Kollisionen oder gar Überschlägen, gut standhalten.
Personenwagen mit Wasserstoffantrieb gibt es ab 65 000 Franken, was im Moment über dem Preis eines batterieelektrisch betriebenen Fahrzeuges derselben Grössenordnung liegt. Bei grösseren Stückzahlen – und die dürften in Zukunft steigen – werden sich die Preise massiv nach unten bewegen und das Ganze für private Nutzer attraktiver machen. Bei den Nutzfahrzeugen gilt das Gleiche.
Der Treibstoff selber kostet an der Wasserstofftankstelle in Hunzenschwil zurzeit um die 10 Franken pro Kilogramm; eine Tankfüllung beim Lastwagen von Hyundai kostet also etwa 350 Franken. Das reicht für 400 Kilometer und ist damit ungefähr eineinhalb mal so teuer wie bei einem Dieselfahrzeug. Kann der Wasserstoffpreis um ein Drittel oder noch mehr gesenkt werden, ist die Technologie schon bald bei den Leuten. Denn man darf nicht vergessen, dass der Unterhalt eines Elektromotors deutlich geringer ist als derjenige eines Motors, der mit fossilen Brennstoffen betrieben wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein wasserstoffbetriebener, also emissionsfreier Lastwagen von der Schwerverkehrsabgabe befreit ist. Pro Tonne und gefahrenem Kilometer spart der Betreiber 2,28 Rappen und das fällt dann deutlich ins Gewicht.
So wie sich die Sachlage präsentiert, wird in der Schweiz und bald in ganz Europa innerhalb der nächsten Jahre ein flächendeckendes Tankstellennetz mit Wasserstoffzapfsäulen zur Verfügung stehen. Diese erfreuliche Situation motoviert die Automobilindustrie, in diese bis anhin meist vernachlässigte Antriebstechnologie zu investieren. Dadurch dürfte ein breitgefächertes Programm an Modellen mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen zu zahlbaren Konditionen auf den Markt kommen. Dazu werden neben grossen auch leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen und vor allem aber Personenwagen gehören. Wer also mit einer Neuanschaffung noch ein bisschen warten kann, der sollte das unbedingt tun, damit er vergleichen kann.
www.hyundai-hm.comDer Verein H2 Mobilität Schweiz wurde im Mai 2018 als gemeinsame Plattform gegründet, um den Aufbau der Wasserstoffmobilität in der Schweiz konkret zu fördern und zu beschleunigen. Insbesondere unterstützt er den Aufbau eines flächendeckenden Netzes von kostendeckend betriebenen Wasserstofftankstellen auf der Basis von grü- nem Wasserstoff als Energieträger.
H2 Mobilität will Fachleute, Unternehmen, Forschungseinrichtungen und andere interessierte Parteien aus den Bereichen Produktion, Vertrieb sowie Verbrauch der Wasserstofftechnologie zusammenbringen, um so die Verbreitung zu beschleunigen. Investitionen in die Infrastruktur der Wasserstoffmobilität sollen durch die Mitglieder in eigener Verantwortung erfolgen.
Der nicht gewinnorientierte Verein wird heute durch 19 namhafte Firmen getragen, die schweizweit ein Netz von über 2000 Tankstellen und eine Flotte von über 5000 Lastwagen vereinen: Agrola AG, Avia Vereinigung, Camion Transport AG, Chr. Cavegn AG, Coop, Coop Mineraloel AG, Emil Frey Group, Emmi Schweiz AG, Fenaco Genossenschaft, F. Murpf AG, Galliker AG, Gebrüder Weiss AG, G. Leclerc Transport AG, Migrol AG, Migros-Genossenschaftsbund, Schöni Transport AG, Shell New Fuels, Socar Energy Switzerland sowie Tamoil SA.
www.h2mobilitaet.chVeröffentlichung: 19. März 2020 / Ausgabe 12/2020
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