Lignin soll Lithium-Ionen-Batterien revolutionieren

Das aus Lignin gewonnene Lignode-Pulver, die Anodenfolie und fertige Batterien Bild: storaenso.com

Akku-Technologie. Finnischer Papierhersteller verwandelt ein unbeachtetes Abfallprodukt in einen wertvollen Rohstoff für die Herstellung von Batterien.

Als Anodenmaterial in Lithium-Ionen-Batterien ist Graphit unverzichtbar. Nun lässt sich das Kohlenstoffmineral auch aus Abfällen der Zellstoffindustrie herstellen. Das Verfahren hat der finnische Papierhersteller Stora Enso entwickelt. Es könnte damit auch Einfluss auf die Abhängigkeit der europäischen Industrie von China haben. Aus China kommen aktuell 70 Prozent des weltweiten Bedarfs an Graphit, dabei wird der Rohstoff weitestgehend im Bergbau gewonnen. 

Auch die Forstwirtschaft kann profitieren

Bei der Papierherstellung wird aus dem Holz Zellstoff gewonnen. Dazu muss der natürliche Rohstoff zuerst von Lignin befreit werden, da dieses die Holzfasern wie ein Klebstoff zusammenhält. Lignin fällt dabei als Abfallprodukt im Millionen-Tonnen-Massstab an. Aktuell wird der grösste Teil davon noch verbrannt. Da der Heizwert vergleichsweise gering ist, ist dieses Verfahren jedoch nicht sonderlich sinnvoll. Das finnische Unternehmen hat deswegen nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten von Lignin gesucht. Und gefunden ... es lässt sich daraus ein Anodenmaterial herstellen, das in Batterien eingesetzt werden kann. Stora Enso nennt das neue Material "Lignode".

Holz besteht zu 20 bis 30 Prozent aus Lignin. Ihm verdankt der natürliche Rohstoff seine Druckfestigkeit. Die Innovation des europäischen Papierherstellers könnte nebenbei auch zu einer lukrativen Einnahme für die Forstwirtschaft werden, da durch den neuen Wirtschaftszweig ein höherer Preis für die Bäume verlangt werden könnte.

Das neue Verfahren bringt anscheinend aber auch technische Vorteile. Beispielsweise lassen sich Batterien mit Lignode-Elektroden schneller aufladen als welche mit Anoden aus natürlichem Graphit. Letzterer hat nämlich eine geschichtete Struktur, die den Stromfluss verlangsamt, da die Aufnahme und Abgabe der Ionen nur linear zu der Struktur möglich sind. Der Hartkohlenstoff "Lignode", den Stora Enso produziert, hat dagegen eine einheitliche amorphe Struktur. Dadurch wird der Stromfluss beschleunigt.

Lignode-Pilotanlage in Finnland

Der globale Bedarf an leistungsstarken Batterien führt dazu, dass immer mehr Mineralien abgebaut und raffiniert werden müssen. Ein veröffentlichter Bericht des geologischen Dienstes Finnlands legt zudem nahe, dass für einen weltweiten Umstieg auf Elektrofahrzeuge nicht genügend Rohstoffe vorhanden sind. Die finnische Innovation könnte demnach zumindest beim Anodenmaterial Entspannung bedeuten.

Jährlich fallen allein im Stora-Enso-Werk Sunila in Finnland 50.000 Tonnen Lignin an. Dort hat das Unternehmen nun eine Pilotanlage zur Herstellung von Lignode installiert. Bei der Papierherstellung wird das Lignin mit Säuren oder Laugen vom Zellstoff getrennt. Die daraus entstehende, dunkle Brühe muss zunächst neutralisiert werden, um ihr danach das Wasser zu entziehen. Übrig bleibt ein Pulver. Dieses wird unter Luftabschluss erhitzt und so in Lignode verwandelt.  In der Pilotanlage entstehen daraus dünne Folien, die sich direkt als Anodenmaterial verwenden lassen.

Sven Bürki

Veröffentlichung: 20. März 2023