Liefern mit sauberen Transportern

«AdBlue» wird in die Abgase von Diesel-motoren eingespritzt, um Stickoxid-Emissionen zu reduzieren. Bild: Daimler

Nutzfahrzeuge.  Was die Umweltverträglichkeit von Lieferwagen angeht, wurden diese von Herstellerseite bis anhin eher stiefmütterlich behandelt. Aufgrund neuer Vorschriften wird sich dies ab nächstem Jahr ändern. Dies gilt es vor dem Kauf im Hinterkopf zu behalten.

Am 30. September 2018 waren in der Schweiz 383 918 Lieferwagen eingelöst, 103 716 mehr als zum selben Zeitpunkt vor neun Jahren. Sie sind tagtäglich mit Tausenden von ähnlichen Fahrzeugen aus dem Ausland auf unseren Strassen unterwegs, und das oft ziemlich flott und in unterschiedlichem Alter und Zustand.

Vorschriften für Lieferwagen

Seit Mitte 2012 gelten für Personenwagen, die in der Schweiz neu zugelassen werden, dieselben CO2-Emissionsvorschriften wie in der EU. Das heisst, dass ein neu zugelassenes Auto im Durchschnitt maximal 130 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer ausstossen darf. Diese Zielvorgabe gilt noch bis Ende 2019, danach wird der Zielwert schrittweise und in einem ausgeklügelten Verfahren auf 95 Gramm reduziert.

Für Lieferwagen und andere leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 t Gesamtgewicht – unterschieden wird in die beiden nicht mehr wirklich zeitgerechten Kategorien «Lieferwagen» und «leichte Sattelschlepper» – werden ab 2020 von Gesetzes wegen und im Sinne einer Gleichberechtigung ebenfalls CO2-Emissionsvorschriften eingeführt. Der Zielwert liegt bei maximal 147 Gramm CO2 pro Kilometer. Zu den «Lieferwagen» zählen nicht nur Kastenwagen, sondern auch Pritschenwagen, Kipper, Pick-ups und Wagen mit Spezialaufbauten. Sie sind im Vergleich zu den Personenwagen bezüglich Fahrzeugbestand und CO2 von deutlich geringerer Bedeutung und machen in der Schweiz gerade mal sechs bis sieben Prozent des Gesamtverbrauchs von Benzin und Diesel aus.

Ob die von Politik und Umweltverbänden geforderten Werte leicht zu erreichen sind, zeigen die omnipräsenten Skandale um die Manipulationen bei den Abgaswerten einiger Hersteller, jene leichter Nutzfahrzeuge inklusive. Doch das ist natürlich nicht die Frage – Vorschrift ist Vorschrift, und es müssen der Umwelt zuliebe sauberere Motoren her, welcher Art auch immer.

Neue Messverfahren

Motoreningenieure haben die Herausforderungen der sportlichen Ziele angenommen und leisten vor allem bei den Dieselmotoren doch Erstaunliches. Zum Beispiel entwickeln sie leistungsfähige Triebwerke, die dank SCR-Katalysatoren mit dem Harnstoff «AdBlue» die Stickoxid-Emissionen (NOX) im Abgas markant reduzieren und der aktuellen Abgasnorm Euro 6d-Temp gerecht werden können. Diese ist für neue Lieferwagen mit einem Leergewicht (!) bis 1305 kg ab 2020 obligatorisch. Die Frist erstreckt sich über 1305 kg Leergewicht bis 3500 kg Gesamtgewicht um ein Jahr bis 2021. Die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte nach Euro 6d-Temp soll nicht nur auf dem Prüfstand, sondern durch einen sogenannten RDE-Test (Real Drive Emissions) mit mobilen Messgeräten auch auf der Strasse sichergestellt werden. Obwohl das neue Prüfverfahren nicht alle Fahrsituationen abbilden kann – man denke etwa an immer wieder massive Beschleunigung oder übermässig sportliche Fahrweise –, lassen sich Verbrauchszahlen recht exakt eruieren.

Diesel-Land Schweiz

Bis auf ein paar wenige Ausnahmen wird der Grossteil der in der Schweiz angebotenen Nutzfahrzeuge mit Dieselkraftstoff angetrieben. Dies hat in der Regel mit der Einsatzeffizienz und vor allem auch mit dem Angebot zu tun. Dieselmotoren sind kräftig, dauerhaft robust, weniger durstig – und sie stossen naturgemäss weniger CO2, dafür vielleicht ein bisschen mehr Stickoxide aus als Benzinmotoren. Ende 2018 erfüllten gemäss der Umweltliste des VCS (Verkehrs-Club der Schweiz) für leichte Lieferwagen aber erst acht Dieselmodelle von Fiat und Ford die Abgasnorm Euro 6d-Temp. Dabei handelt es sich um den Fiat «Panda Van» sowie den «Transit Courier» und den «Transit Connect» von Ford. In der Zwischenzeit sind aber noch ein paar Modelle dazugekommen, und es werden immer mehr.

Den Nutzen abwägen

Die Rede ist hier ausschliesslich von leichten Nutzfahrzeugen. Selbstverständlich gibt es auch einige wenige Alternativen, wie zum Beispiel Elektrofahrzeuge oder solche mit Gasantrieb. Gerade elektrisch betriebene Lieferwagen können zwar von der Machart her nicht direkt mit Dieselmodellen verglichen werden, beim Nutzen aber schon. Reicht einem Handwerksbetrieb die Reichweite eines Elektromodells, kann ein «Kangoo Z. E.» von Renault ein sinnvolles und erst noch imageträchtiges Fahrzeug sein.

Beim Neukauf darauf achten

Für den bestehenden Fahrzeugpark und auch für den Occasionshandel muss man hierzulande in den kommenden Jahren noch mit keinen Konsequenzen rechnen; die neuen Vorschriften gelten nur für Neuwagen. Wer vor einem Fahrzeugkauf steht, tut aber gut daran, sich eher an neueren, wenn nicht sogar ganz neuen Angeboten zu orientieren. Wer bei der Evaluierung wissen möchte, wie sein Objekt der Begierde bewertet wird, kann sich mit einem Blick in die Umweltliste Klarheit verschaffen oder – noch besser – den Händler seines Vertrauens fragen. Wer dann wirklich ein umweltfreundliches Fahrzeug anschaffen will, sollte neben den Dieselvarianten auch einen Blick über den Zaun hinweg in Richtung Gas- oder Elektrofahrzeuge werfen. Wird es doch ein Diesel – und dafür sprechen nach wie vor viele Gründe –, sollte er die Norm Euro 6d-Temp erfüllen.

www.lieferwagen-umweltliste.ch

Grundlagen der Emissionsvorschriften

Importeure müssen Zielwerte einhalten

CO2-Emissionen entstehen durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Heizöl, Diesel, Benzin, Erd- oder Flüssiggas. Dabei kommt es in der Erdatmosphäre zu einer Konzentration dieses CO2 (Kohlendioxid), das einen Treibhauseffekt verursacht. Dieser begünstigt eine globale Klimaerwärmung, weil sich die Biosphäre kaum an den raschen Anstieg der Temperaturen anpassen kann. Sie zieht auf diese Weise einschneidende klimatische Veränderungen nach sich, die wiederum die Umwelt überaus stark belasten.

Seit den 90ern ein Thema

Die Reduktion der Emissionen zum Klimaschutz ist seit den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein wichtiges Anliegen aller energie- und klimapolitischen Bestrebungen, wie zum Beispiel die Schaffung neuer gesetzlicher Vorgaben zum CO2-Ausstoss bei Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen, Heizungen usw. Der Grundlagenbericht «CO2-Emissionsvorschriften für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge» des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gibt darüber Auskunft. Er umfasst 150 Seiten und ist fürwahr keine leichte Kost.

Bussen für Importeure

Fakt ist, dass die Flotte eines Fahrzeugimporteurs die Zielvorgabe einhalten muss; bei leichten Nutzfahrzeugen ab 2020 durchschnittlich 147 Gramm pro gefahrenen Kilometer. Wird dieser Wert überschritten, muss der Importeur eine Busse bezahlen. Wie bei den Personenwagen auch, werden pro Fahrzeug für jedes Gramm Zielwertüberschreitung um die 100 Franken (95 Euro in der EU) in Rechnung gestellt.

www.uvek.admin.ch

ha, HA

Veröffentlichung: 23. Mai 2019 / Ausgabe 21/2019

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