Lamellen mit Charme

Ob Jalousien aus Holz verbaut werden, ist leider oft eine Preisfrage. In ländlichen Gegenden führt aber kein Weg daran vorbei. Bild: Gawo Gasser

Jalousien.  Ob beim renovationsbedürftigen Chalet oder im Neubau – fachgerecht hergestellt und adaptiert, haben Holzjalousien nach wie vor ihre Berechtigung. Sie verleihen einem Gebäude das gewisse Etwas und sind eine tolle Schreinerarbeit, die viel Fachwissen erfordert.

Französisch war und ist wahrscheinlich nicht das Lieblingsfach während der Schulzeit und in Weiterbildungen. Aber mal ehrlich – Jalousie klingt doch irgendwie schon besser als Fensterladen. Ähnlich verhält es sich mit dem Einsatz dieses Bauteils: Eigentlich erfüllen einfache Lamellenstoren denselben Zweck, sie sind günstig und komfortabel in der Bedienung. In ländlichen Gebieten und insbesondere in den Bergregionen sind Jalousien aber kaum wegzudenken. Sie gehören zu den Häusern wie Fenster mit Sprossen und verleihen einem Gebäude Charakter.

Seltene Maschinen in der Produktion

Für den Schreiner ist das Herstellen einer Jalousie aus Holz noch echtes Handwerk und erfordert viel Know-how im Bereich der Massivholzverarbeitung. «Eigentlich hat sich da nicht viel verändert», sagt Philipp Bucher bescheiden. Er leitet bei der Gawo Gasser AG im luzernischen Wolhusen die Abteilung Schreinerei und Jalousieproduktion. Dort ist man perfekt für die Fertigung von Fensterläden aus Holz eingerichtet; ein Mitarbeiter blickt sogar auf über 30 Jahre Erfahrung in der Jalousieproduktion zurück. Gerade weil es sich um eine klassische Schreinerarbeit handelt, ist der Maschinenpark relativ alt. «Einige der Maschinen gibt es schon lange nicht mehr zu kaufen, weil sie nicht mehr hergestellt werden, oder weil es den Hersteller gar nicht mehr gibt», erzählt Bucher. So werden die Zapfenlöcher nach wie vor auf einer Meisselstemmmaschine gestemmt. Für das Ablängen, Profilieren und Fräsen der Zapfen kommt eine angepasste Winkelanlage zum Einsatz. Bei den Ausfräsungen für fixe Lamellen findet ebenfalls eine Maschine Verwendung, die nur noch in wenigen Schreinerwerkstätten anzutreffen ist: Beide Friese eines Rahmens werden eingespannt und mittels einer Zahnstange Schritt für Schritt durch die Maschine geschoben. Bei jedem Schritt fräsen zwei Fräser je eine Nut für die Lamelle aus. Generell werden beide Rahmenfriese parallel bearbeitet. Dadurch ist sichergestellt, dass die beiden Teile hundertprozentig zueinanderpassen.

Akazie statt Metall

Auch für die Weiterverarbeitung der profilierten und abgelängten Stäbe für die verstellbaren Lamellen gibt es natürlich eine spezielle Maschine. Sie bohrt und setzt die Jalousie-Haften sowie die Dübel, alle Komponenten werden über Magazine zugeführt. Richtig, die Schreinerei setzt nicht die bekannten Metallhülsen, sondern Dübel aus Akazienholz ein. «Diese verrotten praktisch nicht und sind vom Schwinden und Quellen her besser geeignet als Metall», sagt Bucher. Der Grund dafür ist einleuchtend: Wird die Jalousie durch die Sonne erwärmt, dehnt sich die Metallhülse eher aus. Holz hingegen reagiert nicht auf Temperaturschwankungen, respektive durch die geringere relative Luftfeuchte hat es eher die Tendenz zum Abschwinden. Dadurch entstehen beim Einsatz von Metallhülsen mehr Spannungen und somit auch Risse in den Lamellen und Friesen.

Flicke gibt es nicht

Solche Risse sind der Feind jeder Holz-jalousie. Dann nimmt auch die Beschichtung Schaden, Feuchtigkeit und Schmutz können ungehindert eindringen. Dies führt zu einer Verringerung der Lebensdauer, respektive die Jalousien müssen öfters renoviert werden. Bei Gawo Gasser verwendet man deshalb nur bestes Tannenholz ohne Buchs. Äste werden ebenfalls nicht toleriert oder die Friese so gewählt, dass der Ast bei der Bearbeitung weggefräst wird. «Flicke gibt es nicht, denn das sind wieder potenzielle Schwachstellen», sagt Philipp Bucher. Etwa 90 Prozent der Jalousieproduktion erfolgt mit Tanne, für den Rest kommt Lärche zum Einsatz.

Weil ein Sägewerk ebenfalls zum Unternehmen gehört, wird das Holz bereits zugeschnitten und abgelängt angeliefert. Ausgehobelt und wenn nötig profiliert werden die Friese, Lamellen und Zugstangen auf einem grossen Vierseiter.

Nur so sei es heute noch möglich, hochwertige Jalousien in grossen Stückzahlen zum entsprechenden Preis herzustellen. Natürlich gibt es auch Schreiner, welche die Friese auf dem Bearbeitungszentrum (Baz) fertigen. Auch bei Gawo Gasser weicht man manchmal bei Sonderanfertigungen auf diese Maschinen aus. «Bei geringen Stückzahlen oder Einzelanfertigungen geht das. Aber die Bearbeitung dauert, gemessen an den Maschinenkosten, schlicht zu lange», erklärt Bucher.

Hinzu kommt, dass die Eckverbindungen des Rahmens auf dem Baz oft mit Dübeln ausgeführt werden. Dass diese Variante im Aussenbereich im Vergleich zum altbewährten Zapfen mit Beizapfen weniger dauerhaft und stabil ist, versteht sich von selbst.

Was lange trocknet, hält länger

Ebenfalls dauerhafter scheint die Beschichtung der Jalousien mit altbewährten, langöligen Farben und Lacken. «Diese machen das Schwinden und Quellen des Holzes besser mit als moderne Kunstharzlacke», erklärt Bucher. Ein grosser Nachteil von langöligen Produkten ist die lange Trocknungszeit – sie beträgt etwa vier bis sechs Wochen. Dafür können bei einer Renovation etwaige Risse oder Fehlstellen ohne Weiteres nachgetupft werden, was bei anderen Lacken oft mehr Aufwand verursacht, weil die Stelle oder sogar die ganze Jalousie komplett neu beschichtet werden muss.

Hart umkämpfter Markt

Die Qualität spielt also eine sehr wichtige Rolle – auch um die Lebensdauer und somit die Akzeptanz von Holzjalousien hoch zu halten. Bereits heute kommt sie fast nur noch bei Sanierungen zum Einsatz, wo es vielleicht noch Vorgaben von der Denkmalpflege gibt. Aufgrund des Ortsbildes werden zwar nach wie vor auch bei Neubauten Jalousien montiert. Allerdings handelt es sich dabei oft um Produkte aus Aluminium, welche teilweise auch aus dem Ausland importiert werden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Jalousien aus Aluminium verursachen praktisch keinen Wartungsaufwand. Sie lassen sich einfacher herstellen als jene aus Holz, und im Ausland bestellt, sind sie nochmals günstiger.

Das setzt auch Schweizer Hersteller von Alu-Jalousien unter Druck. Bei Gawo Gasser versucht man beim Kunden mit dem Service, der Flexibilität und der Qualität zu punkten. «Die Profile für unsere Alu-Jalousien lassen wir in der Schweiz ziehen, auch die Pulverbeschichtung erfolgt hier», erzählt Bucher. Dadurch hat das Unternehmen Qualitätsmerkmale wie die Wandstärke oder die Beschichtungsdicke im Griff. Ausserdem ist man so in der Lage, Alu-Modelle herzustellen, die optisch exakt dem Pendant aus Holz entsprechen, was ein grosser Vorteil ist, wenn es um denkmalpflegerische Aspekte oder Ortsbilder geht. Denn die Rahmenfriese ausländischer Jalousien werden oft auf Gehrung ausgeführt, was zwar günstiger ist, aber nicht dem Original entspricht.

Im Hochpreissegment etabliert

Trotz aller Widrigkeiten scheinen Jalousien aus Holz bei Neubauten eine kleine Wiedergeburt zu erfahren – wenn auch nicht in der ursprünglichen Form: «Bauherren und Architekten setzen vermehrt und gezielt Schiebeläden als stilbildendes Element für die Fassadengestaltung ein und nutzen sie so nicht nur als Schall-, Sicht- und Sonnenschutz», sagt Rolf Arnold vom Schiebebeschlaghersteller Hawa Sliding Solutions AG aus Mettmenstetten ZH.

Die Schiebesysteme haben sich also in den letzten Jahren durchaus etablieren können. «Solche Projekte haben wir immer mal wieder, insbesondere im gehobenen Segment. Denn diese Lösungen sind auch nicht günstig», sagt Philipp Bucher. In den letzten Jahren spürten Jalousie- und Beschlaghersteller einen Trend hin zu grösseren Gewichten pro Flügel und hin zu mehr Flexibilität – sowohl betreffend Arten der Öffnung (teleskopisch oder symmetrisch) als auch des Bedienkomforts. Dem hat Hawa mit der Ende Jahr lancierten Beschlagfamilie «HAWA- Frontslide 60-100-140» Rechnung getragen. Dabei wurde auf die Bedürfnisse des Handwerks betreffend Erleichterungen beim Einbau und der Reduzierung von Führungen geachtet. Dies ist gemäss Philipp Bucher auch gelungen: «Im Vergleich zu günstigeren Konkurrenzprodukten, die es auf dem Markt gibt, sind diese Schiebelösungen sehr einfach zu montieren. Auch vor der Verkabelung bei den automatisierten Varianten braucht man keine Angst zu haben.» Ausserdem habe man bisher keinen einzigen Garantiefall mit den Systemen des Schweizer Herstellers gehabt.

Die Sache mit der Eifersucht

Die Jalousie wird also voraussichtlich nicht so schnell verschwinden. Im Gegenteil – mit den Schiebelösungen als dekoratives, beschattendes und vor fremden Blicken schützendes Element nähert sie sich wieder ihrem Ursprung an: Auf Französisch bedeutet Jalousie Eifersucht. Die Bezeichnung Jalousie erklärt sich dabei aus der Nachbildung dieser Gitter nach orientalischen Vorbildern aus Harems, in denen der Hausherr eifersüchtig darüber wachte, dass die Gemächer der Frauen gegenüber der Aussenwelt abgeschirmt wurden.

www.gawo.chwww.hawa.com

ph

Veröffentlichung: 30. März 2017 / Ausgabe 13/2017

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