Kreuz- und querdenkend in die Zukunft

Anja Förster und Peter Kreuz: «Wir liefern am Schreinerforum keine Lösungen in dreikommafünf einfachen Schritten. Wir möchten dem Schreiner die Türen im Kopf öffnen.» Bild: Förster & Kreuz GmbH

Anders.  Nach der erfolgreichen Premiere 2014 mit rund 300 Schreinern erfolgt am 10. September die zweite Auflage des Schreinerforums in Baden. Dieser Unternehmertag soll anregen, Blicke über den Tellerrand zu wagen; auch dank den beiden Mutmachern Anja Förster und Peter Kreuz.

Unter dem Titel «Seien Sie alles, ausser gewöhnlich» startet das Schreinerforum vom Donnerstag, 10. September 2015, gleich mit einem Leckerbissen, denn Anja Förster und Peter Kreuz verkörpern eine neue Generation von Vordenkern für die Wirtschaft. Förster & Kreuz nehmen scheinbar Vertrautes auseinander und setzen es neu zusammen. In Märkten wie dem Innenausbau, der Initiative, Kreativität und Leidenschaft belohnt, ist das der entscheidende Perspektivenwechsel. Das tönt einleuchtend und spannend. Doch wer sind die beiden Querdenker, die solch kühne Theorien aufstellen? Die SchreinerZeitung hat bei Anja Förster und Peter Kreuz nachgefragt.

SchreinerZeitung: Am Schreinerforum des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) treffen Sie am 10. September auf eine ganze Menge Handwerker. Weshalb muss ein Schreiner «Förster & Kreuz» gesehen und gehört haben?
Peter Kreuz: Niemand muss unseren Vortrag hören. Wir denken aber, dass es eine ziemlich gute Idee ist, es zu tun. Ein Kunde hat den Nutzen unseres Vortrags mal so auf den Punkt gebracht: «Was Sie bei den Teilnehmern bewirkt haben: Begeisterung und Impulse, das eigene Tun reflektieren, neue und interessante Perspektiven für die eigene Arbeit entdecken und die eingefahrenen Wege verlassen.»
Anja Förster: Ja, genau darum geht es. Die Lösung liegt nicht darin, noch härter zu arbeiten, sondern cleverer als der Wettbewerb zu sein. Wer bereit ist, sich auf diesen Gedanken einzulassen, ist sehr gut bei uns aufgehoben.
Damit man sich ein Bild machen kann: Geben Sie uns ein Beispiel, wo Sie ein querdenkender Unternehmer besonders beeindruckt hat?
Anja Förster: Die Firma Elite ist ein Schweizer Familienunternehmen mit knapp 60 Mitarbeitenden und eine Bettenmanufaktur, die ein dickes Problem hatte: Wettbewerber aus anderen Ländern können Matratzen zu einem Bruchteil des Preises anbieten. Im Preiswettbewerb konnte Elite also nur verlieren. Was tun?
Elite bekam in dieser schwierigen Lage mit François Pugliese einen neuen Geschäftsführer, der seine beruflichen Wurzeln in der Autobranche hatte. Ein Querdenker mit frischem Blick also. Und den nutzte er und entwickelte die Idee, die Matratzenflotte von Hotels so zu managen wie einen Fuhrpark. Die Hotels kaufen die Matratzen nicht, sondern leasen sie. Bezahlt wird dabei nicht die Matratze, sondern deren Nutzung durch die Hotelgäste. In jeder Matratze ist ein Chip eingebaut, welcher die Benutzung der Matratze registriert und an die Firmenzentrale funkt. Die Matratze kostet den Hotelier nur dann etwas, wenn er eine Übernachtung verkauft hat.
Peter Kreuz: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das eine Traumlösung. Ausserdem meldet Elite seinem Hotelier den idealen Zeitpunkt, wann die Matratzen gewendet werden sollen, und tauscht abgenutzte Matratzen aus. Elite konnte selbst Wettbewerber, deren Preise nur ein Viertel betragen, spielend hinter sich lassen.
Handwerker gelten in der Schweiz als gradlinig und eher konservativ. Sie aber nennen sich Querdenker. Gegensätzlicher geht’s nicht mehr. Haben Sie auch Gemeinsamkeiten mit einem Schreiner?
Peter Kreuz: Das Konservative ist per se überhaupt nicht schlecht. Problematisch wird es immer dann, wenn Verhaltensmuster, die bislang funktionierten und welche den Erfolg des Unternehmens begründet haben, den Status der Unberührbarkeit erlangen. Die Bereitschaft, Herkömmliches permanent auf den Prüfstand zu stellen, sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Variantenreichtum, nicht Einheitlichkeit, ist die Grundlage für Erfolg.
Der Schweizer Schreiner ist in Bezug auf die Frankenstärke derzeit nicht gerade gut auf die ausländische Konkurrenz anzusprechen. Sie als Deutsche werden einen schweren Stand haben …
Anja Förster: Wir lieben es, wenn die Messlatte hoch liegt, und hoffen, dass diese Grundhaltung auch auf die anwesenden Schreiner zutrifft. Unserer Erfahrung nach sind in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld zwei Sorten Menschen anzutreffen: Die einen, die nur jammern über die ausländische Konkurrenz, die heimische Finanzpolitik, die Banken, das Wetter. Sie klagen, rufen nach Hilfe und verdrängen dabei die Notwendigkeit, sich jetzt zu verändern und den Wind des Wandels zu nutzen.
Dann gibt es aber auch die Leute, die sagen: Jetzt wird es erst richtig spannend. Jetzt haben wir die Chance zu zeigen, wie gut wir sind. Das sind eben nicht diese Unternehmer, welche die Krise heute als Ausrede missbrauchen, sondern vielmehr als Ansporn benutzen.
Kann der Schreiner am Forum in Baden auch konkrete Vorschläge für Massnahmen in eben diesem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld erwarten?
Peter Kreuz: Es geht bei uns nicht um Tipps, Tricks oder Lösungen in dreikommafünf einfachen Schritten für das Schreinerhandwerk. Uns geht es darum, Denkanstösse zu liefern, über die es sich lohnt, nachzudenken.
Und übrigens: Was halten Sie von Schreinern und deren Arbeit?
Anja Förster: Ein grossartiger Beruf, der Handfestigkeit, Handwerkskunst und Ästhetik vereint.
Zwei private Fragen zum Schluss: Wann haben Sie das letzte Mal einen Nagel eingeschlagen oder eine Schraube eingedreht?
Peter Kreuz: Das machen wir ständig. Wir haben ein Landhaus in Frankreich und dort gibt es immer etwas zu handwerkeln. In unserer Werkstatt gibt es Kreissäge, Hobel, Stemmeisen, Zwingen und was man sonst noch so als ambitionierter Hobbyhandwerker braucht.
Wird in der Beziehung von Anja Förster und Peter Kreuz auch aktiv quergedenkt und auch wirklich quergelebt – oder ist das auch bei Ihnen Wunschdenken?
Anja Förster: Querzudenken ist eine fortwährende Aufgabe. Um zu verhindern, dass wir selbst in eingefahrenen Spuren stecken bleiben, umgeben wir uns mit Leuten, die anders sind als wir selbst. Denn grundsätzlich gilt: Wir werden so wie die Leute, mit denen wir tagtäglich rumhängen. Wer sich mit Langweilern umgibt, wird langweilig. Wer sich herausfordern lässt, wird neue Seiten an sich entdecken. Wer querden- ken will, lässt Reibung zu und sucht den Kontrast.
peter kreuz: Das ist tatsächlich so. Für uns persönlich gilt: Wenn wir etwas Neues für unser Geschäft lernen wollen, unterhalten wir uns mit Andersdenkern. Mit Künstlern, Architekten, Filmemachern, Musikern. Wir versuchen, uns so häufig wie möglich mit Leuten zu umgeben, die anders ticken als wir.
www. foerster-kreuz.com

Unternehmertag

Schreinerforum: Jetzt anmelden!

Das Schreinerforum vom Donnerstag, 10. September 2015, soll aufrütteln, unterhalten, fordern, fördern und letztlich zum Querdenken anregen. Im Fokus steht dieses Jahr die Mitarbeiterförderung. Schliesslich hat sich der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) auf die Legislaturfahne das Thema Aus- und Weiterbildung geschrieben. Deshalb steht das Schreinerforum auch unter dem Titel «Wissen. Werken. Wirken.».

Inputs zu diesem Thema geben hochkarätige und bekannte Fachleute aus verschiedensten Sparten: Nebst den Querdenkern Förster & Kreuz sind dies der Eishockey-Meistertrainer Kent Ruhnke, der frühere Chefökonom des Bundes und heutige Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti, der mehrfache Schwingerkönig, Unternehmer und Schreinermeister Jörg Abderhalden sowie der Führungs- und Kommunikationsspezialist Rudolf Steiner.

Durch das Programm führt Alexander Blunschi, Moderator und Redaktor von Radio SRF 3. Abgerundet wird das Schreinerforum durch die Worte des VSSM-Zentralpräsidenten Ruedi Lustenberger, einem Steh-Lunch und diversen Zeitfenstern für den regen Austausch unter «Querdenkern»!

Anmeldungen können per sofort online getätigt werden.

www.vssm.ch

PET

Veröffentlichung: 11. Juni 2015 / Ausgabe 24/2015

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