Klassen treffen sich online
Blick auf die Online-Lernplattform der Schreiner an der Berufsschule Lenzburg. Bild: Tom Schelker, Pixabay
Blick auf die Online-Lernplattform der Schreiner an der Berufsschule Lenzburg. Bild: Tom Schelker, Pixabay
Fernunterricht. Alleine vor dem Computer oder Laptop statt im Klassenzimmer. Wegen des Coronavirus sind auch die Berufsschulen geschlossen. Der Unterricht über digitale Plattformen funktioniert aber gut, wie vier Beispiele zeigen.
Austauschen per Chat und übers Internet: Wegen der Coronakrise treffen sich Lernende und Lehrkräfte nicht mehr im Klassenzimmer, sondern digital. Das scheint gut zu funktionieren, wie das Beispiel von vier Schulen zeigt. «Uns kommt zugute, dass wir seit fünf Jahren mit ‹Bring your own device› arbeiten. Also jeder Lernende bringt sein eigenes Notebook mit, und wir arbeiten mit der Online-Plattform Bin Educa», sagt Oliver Merz , Fachgruppenleiter Schreiner an der Baugewerblichen Berufsschule Zürich. Er habe so schnell auf die Schliessung der Schulen reagieren können. «Mir ist bewusst, dass es für viele Auszubildende schwierig ist, alleine zu Hause zu lernen. Ich habe deswegen Wochenaufträge vergeben, damit sie sich die Arbeiten selber einteilen können. Und da wir einen Semesterplan haben, wissen sie genau, was wann drankommt und wann die Prüfungen sind.» Tests gebe es derzeit allerdings keine. Sie werden nach den Frühlingsferien nachgeholt. «Falls die Schule länger geschlossen bleibt, dann müssen wir die Prüfungen halt doch online machen.» Beim Zeichnen würden sie das bereits so handhaben. «Da müssen wir den Jugendlichen vertrauen, dass sie die Aufgaben selber lösen. Damit müssen wir jetzt leben.»
Merz hat für sich und seine Klassen Chats auf einer Kommunikations-App eingerichtet. Dort begrüsst er jeweils bei Unterrichtsbeginn alle und beantwortet auch Fragen. Dann gibt er online die Aufgaben frei, natürlich alles nach Fächern gegliedert. «Wir haben auch eine Ablage mit den Lösungen, damit die Lernenden ihre Arbeiten später vergleichen können.» Es sei wichtig, ihnen eine Struktur zu geben und sie anzuleiten, sagt Merz. «Am Nachmittag werden dann die Hausaufgaben freigeschaltet.» Er ist zufrieden, wie der Fernunterricht angelaufen ist. «Ich arbeite meistens auch von zu Hause aus. Und wenn ich etwas ausdrucken muss, dann fahre ich abends mit dem Velo schnell ins Büro. Zuhause sind mir die Druckerpatronen ausgegangen.»
Joshua Spitznagel ist einer von Oliver Merz' Schülern und befindet sich im zweiten Lehrjahr bei Schreiner48 in Schlieren. «Der Fernunterricht ist eine komplette Umstellung des Alltags», sagt der Dietiker. «Ich habe mich in meinem Zimmer mit dem Laptop und den Schulunterlagen eingerichtet.» Der Fernunterricht in der Fachkunde sei simpel und einfach gestaltet. Die Aufträge, welche er per Bin Educa und per App erhält, seien verständlich. «Der Nachmittag den wir mit Allgemeinbildung verbringen, war ein bisschen lockerer gestaltet, da es länger gedauert hat, bis sich alle Klassenmitglieder mit Microsoft Teams zurechtgefunden haben und die Aufträge klar waren.» Es sei ihm nicht schwer gefallen, zu Hause zu lernen, berichtet Spitznagel. «Ich musste mich ja auch schon ohne Coronavirus auf die Prüfungen vorbereiten.»
Am Berufsbildungszentrum Herisau ist der digitale Unterricht ebenfalls gut angelaufen. Auch im Appenzellerland wird schon länger möglichst papierlos gearbeitet, und jeder Schüler hat sein eigenes Notebook. «Wir arbeiten mit Windows Teams und Whatsapp, um uns auszutauschen», sagt Ronny Keller , Leiter Schreiner und Fachlehrer. «Mit One Note arbeite ich am häufigsten. Das funktioniert wie eine Webseite, und ich kann alles raufladen: zum Beispiel Ordner mit allen Aufgaben.» Keller arbeitet auch mit dem E-Lehrmittel der Bin. «Die Schüler lösen die Aufgaben selbstständig und schicken sie mir dann zu. So habe ich eine kleine Kontrolle.» Die Prüfungen sind derzeit ausgesetzt. «Ausser im Zeichnen, da müssen mir die Schüler ihre Lösung einreichen.» Keller unterrichtet total drei Schreinerklassen. «Ich bin zufrieden, dass alles klappt. Aber es ist schon schön, wenn wir uns wieder in der Schule treffen.»
Simona Mazenauer ist eine von Kellers Schülerinnen. «Ich habe keine Probleme damit, während der Unterrichtszeiten zu lernen und zu Hause Schule zu machen. Was ich eher schwierig finde ist, dass ich nicht die ganze Zeit wieder das Fach, an dem ich arbeite, wechsle», sagt die Auszubildende im ersten Lehrjahr. Sie arbeitet bei der Schreinerei Hölzli AG in Degersheim SG. Ihre Klassengspänli vermisst Mazenauer etwas. «Während des Unterrichts haben wir mit der ganzen Klasse über Whatsapp Kontakt, und mit einigen kommunziere ich über Videoanruf.» Im Grossen und Ganzen findet die Degersheimerin den Fernunterricht gut wie er ist. «Mein Lehrer hat mit der Klasse einen Chat eingerichtet, und darüber erhielten wir Infos. Die Aufträge hat er auf One Note abgelegt.»
Aus Lenzburg AG tönt es ähnlich. «Bei uns arbeiten die Lernenden seit fünf Jahren mit einem eigenen Laptop sowie mit der Schulplattform Ilias», sagt Tom Schelker , Fachlerer Schreiner an der Berufsschule Lenzburg. «Vieles ist deswegen papierlos, und wir können ohne Probleme mit virtuellen Klassenräumen arbeiten.» Das funktioniere bisher gut. Die Prüfungen seien derzeit ausgesetzt. «Ausser die Teilprüfungen für die Lehrabschlussprüfung, diese möchten wir durchführen.»
Adrian Hofer , Prorektor der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon ZH und Abteilungsleiter Holz Bau, findet den Aufwand für den Fernunterricht grösser. «Ich muss mich anders vorbereiten. Während des Unterrichts kann ich nicht mehr improvisieren», sagt er. In Wetzikon wird wie an den drei anderen Schulen mit «Bring your own device» gearbeitet.
«Die Klasse trifft sich auf Windows Teams. Über diese Plattform kann ich den Schülern auch Präsentationen raufladen, und wir können eine Videokonferenz machen.» Die Aufträge terminiert Hofer, so sieht er auch, ob die Lernenden anwesend sind. «Für Prüfungen haben wir ein Tool auf der Bin-Plattform. Ein Problem ist, dass diese halt nur Open Book stattfinden können.»
Das Lernen zu Hause sei speziell, findet Michelle Läubli . Sie ist im vierten Lehrjahr bei der Sennhauser AG in Meilen ZH und geht in Wetzikon zur Schule. «Zu Beginn war es schon etwas gewöhnungsbedürftig mit dem Programm und dem ganzen Ablauf. Es funktioniert aber gut. Und jeder ist selbst dafür verantwortlich, ob sie oder er lernt oder eben nicht», erzählt sie. Für sie funktioniere es aber gut, sie könne zu Hause lernen. «Wichtig ist einfach ein ruhiges Umfeld und dass man nicht gestört wird.» Die anderen vermisst sie aber schon. «Wir kommunizieren aber über Facetime, Chat oder die Plattform.»
www.bslenzburg.ch www.bbzh.ch www.gbwetzikon.ch www.berufsschule.ch
Das Qualifikationsverfahren (QV), die Lehrabschlussprüfung, solle durchgeführt werden, sagt Ronny Keller nach einem Austausch mit dem Chefexperten in Herisau. «Je nach Situation werden diese bis zu den Sommerferien geschoben und eventuell angepasst.» Um das Social Distancing einzuhalten, könnte man die Lernenden weiter auseinander setzen. «Eine Durchführung ist wichtig, denn einige haben eine Anschlusslösung oder müssen in die RS.» Betreffend die Teilprüfung im dritten Lehrjahr wäre eine Verschiebung bis August oder September ohne Weiteres möglich, sagt Keller.
«Bezüglich der LAP warten wir noch ab», sagt Adrian Hofer aus Wetzikon. «Diese soll natürlich stattfinden. Doch wir wissen noch nicht in welcher Form.» Es werde hier bestimmt eine gesamtschweizerische Lösung geben, sagt er. Auch auf der Webseite der Thurgauer Schreiner heisst es, dass sich die Lernenden vorbereiten sollen. Die Vorbereitungen für ein nationales, auf die Umstände abgestimmtes Verfahren würden laufen.
Veröffentlichung: 06. April 2020 / Ausgabe 14/2020
Der Lernendenwettbewerb 2024 der VSSM- Sektion Aargau widmete sich dem Motto «In the Box». 53 Personen haben teilgenommen und ihre ideenreichen Objekte präsentiert. Kombinationssieger wurde Florin Willisegger.
mehrDer Unterricht an den Berufsfachschulen verläuft in der Regel mit digitalen Lehrmitteln. Dass auch die Hilfsmittel für die üK und den Betrieb digital verfügbar sind, ist aber nur wenig bekannt. Lernende berichten von Vorteilen.
mehr