Historische Fenster auf heutigem Stand

Jedes Gebäude zeugt von der Zeit seiner Erschaffung und somit von der Entwicklung des Ortes. Gute Exemplare werden geschützt ... Bild: SZ, Andreas Brinkmann

Denkmalschutz.  Ältere Liegenschaften entsprechen oft nicht der Wohn- und Arbeitsqualität gemäss heutigen Bedürfnissen. Der Anpassung fallen dann nicht selten historisch wertvolle Elemente wie Fenster zum Opfer. Verschiedene Lösungen können das verhindern.

Gut isolierende, dichte Fenster gehören zum heutigen Standard eines jeden Hauses. Doch während bei den Neubauten Systeme mit Dreifachverglasung ein Teil der Gebäudehülle sind, stellt sich die Frage, was bei älteren Bauten zu tun ist. Die Renovierung von Gebäuden ist auch für kleine und mittlere Betriebe ein äusserst interessantes Geschäft. Dabei werden nicht nur defekte Teile ersetzt, sondern auch Anpassungen an neue Vorschriften und Komfortgewohnheiten vorgenommen.

Vom hässlichen Entlein zum Schwan?

Manch ein neuer Besitzer einer älteren Liegenschaft will aus dem hässlichen Entlein einen schönen Schwan mit modernen Elementen machen. Es gibt aber oft Hindernisse, die so nicht immer klar sind. Ältere Bauten haben die Zeit gut überstanden, weil die Hülle der Nutzung und den Heiz- und Lüftungsgewohnheiten entsprochen hat. Wird so ein Gebäude nach heutigem Stand gedämmt, abgedichtet und beheizt, machen gerne die Innenverkleidungen, Böden und Decken nicht mehr mit. Das veränderte Raumklima verträgt sich beispielsweise nicht mehr mit den Elementen aus Holz.

Auch wenn nicht gleich das ganze Haus neu verpackt wird, sondern nur Fenster nach heutigem Stand eingebaut werden, kann der Luftaustausch gestört werden, und es kommt zu längerfristigen Schäden. Fachwissen und saubere Berechnungen sind also gefragt. Wer wirklich rechnet, wird sicher auch die eine oder andere Überraschung erleben können – dazu aber später.

Vorschriften mit Chancen

Bevor es an die Planung geht, gilt es abzuklären, wie der Schutzstatus des Objekts aussieht. Liegt das Gebäude in einer Kernzone oder ist es ein Schutz- oder Inventarobjekt, so bestehen möglicherweise Auflagen. Bei den kantonalen Ämtern für Denkmalpflege kann das jeweils nachgesehen oder erfragt werden. Diese Ämter sind auch zuständig, wenn es um die Erneuerung schützenswerter Objekte geht.

Ganz wichtig ist: Es besteht eine Holschuld, denn der Fensterersatz in solchen Bauten ist bewilligungspflichtig und muss mit dem entsprechenden Denkmalpfleger bereits vor der eigentlichen Planungsarbeit abgesprochen werden.

Was nach grossem Mehraufwand aussieht, kann auch Vorteile haben. Die Amtsperson ist in der Regel kein Fensterbauer und kann Details nicht abschliessend lösen. Sie weiss aber über den historischen Hintergrund Bescheid und kennt mögliche Wege, die in anderen Fällen zu guten Resultaten geführt haben. Nachbauten von Fenstern ab den 30er-Jahren können sogar relativ einfach sein, da die Bauart heutigen Konstruktionen eher entspricht und es vor allem auf die richtige Dimensionierung ankommt. Zugelassen sind generell nur Ausführungen aus Holz.

Erhalten, aber wie?

Die äussere Erscheinung eines Hauses wird entscheidend durch seine Fenster geprägt. Für die Fenster- und Sprosseneinteilung gilt das Fassadenbild zur Erbauungszeit als Referenz. Originale sind aber rar. «Der Erhalt von historischen Fenstern ist heute besonders wichtig, weil intakte Zeitzeugen immer seltener anzutreffen sind», sagt Marcus Casutt, Gebietsdenkmalpfleger in Luzern. Er macht sich Sorgen um den schrumpfenden Bestand. Dabei gibt es durchaus Methoden, um ausreichend gute Isolationswerte zu erzielen, wenn man diese Zeitzeugen, die auch über baukünstlerischen Wert verfügen, heute sinnvoll einsetzen will.

Beim Amt für Städtebau Winterthur ZH ist eine Broschüre unter dem Titel «Fenster historischer Bauten» erhältlich, die Auskunft gibt über die Vorschriften und die Vorgehensweise. Dort sind neben den richtigen Begriffen für die Konstruktionselemente auch drei bewährte Sanierungsmethoden dargestellt, die auf den nebenstehenden Grafiken ersichtlich sind.

Verschiedene kantonale Ämter verfügen über solche Unterlagen, die nicht nur dem Handwerker dienen, sondern ebenso im Gespräch mit der Bauherrschaft hilfreich sein können.

Die Gesamtheit ist massgebend

Marcus Casutt weist noch auf eine Erkenntnis hin, die sich durch die Arbeit mit vie- len schützenswerten Objekten ergeben hat: Obgleich der Isolationswert eines älteren Gebäudes gesteigert werden sollte, wird die Wirkung der Verbesserung auch gerne überschätzt. Aufwand und Nutzen müssen in einem sinnvollen Verhältnis stehen und das ganze Gebäude mit einbeziehen. Dies betrifft den Dämmwert, das durch die Veränderung erzielte Raumklima und den erreichten Heizaufwand. Tatsächlich lassen sich mit der Optimierung von Türen und Fenstern sowie der Dachisolation bereits recht gute Werte erzielen. Das Risiko von längerfristigen Schäden durch eine zu grosse Dichtheit ist dabei nicht zu unterschätzen. Es lohnt sich also, verschiedene Möglichkeiten zu prüfen, bevor einschneidende Veränderungen vorgenommen werden. Vom Bundesamt für Kultur (BAK) und Energie Schweiz wurde die Broschüre «Denkmal und Energie» herausgegeben, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzt.

Transparenter Planungsaustausch

Die Notwendigkeit, Fenster zu verbessern oder zu ersetzen, entsteht normalerweise durch neue Anforderungen an die Nutzbarkeit und somit durch die umfassende Renovation eines Gebäudes. Bei einer Baubesprechung vor Ort sind dann neben der Bauherrschaft und dem Architekten auch die für die Ausführungsplanung verantwortlichen Handwerker anwesend.

Für den Denkmalpfleger stellt sich dabei oft ein besonderes Problem: Vor allem bei kleineren Handwerksbetrieben ist es nicht immer klar, was im Betrieb selber hergestellt werden kann und was zugekauft wird. Wie kompetent ist also der Schreiner, welcher den Innenausbau macht und dabei gleich noch die Fenster mit anbietet, bezüglich deren Ausführungsmöglichkeiten? Es kann laut Casutt passieren, dass konstruktive Details mündlich abgemacht, dann aber ganz anders ausgeführt werden, weil für diesen Schreiner beispielsweise nur bestimmte Profile erhältlich sind.

Wünschenswert wäre laut Marcus Casutt ein transparenter Austausch vor der Ausführung mittels Plänen und/oder Detailskizzen, womit Klarheit bestünde. Alleine schon anhand der Profilpläne der jeweiligen Heimatschutzfenstermodelle des Herstellers könnten Details fixiert und nachvollziehbare Verbindlichkeiten geschaffen werden. Anschliessende, mühsame Diskussionen blieben aus, und auch der Bauherr wüsste dann, warum sein Schwan kein hässliches Entlein mehr wäre.

www.da.lu.chwww.denkmalpflege.winterthur.chwww.bundespublikationen.admin.ch

ab

Veröffentlichung: 28. Juli 2016 / Ausgabe 30-31/2016

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