Der Countdown läuft
Mirco Signer hat bereits eines der möglichen Wettbewerbsobjekte erstellt. Bild: Inauen Holzbau AG
Mirco Signer hat bereits eines der möglichen Wettbewerbsobjekte erstellt. Bild: Inauen Holzbau AG
World Skills. In São Paulo werden im August die beiden besten Schweizer Schreiner um WM-Gold kämpfen. Mirco Signer und Reto Ettlin stecken in den Vorbereitungen, damit sie in Brasilien eine Glanzleistung zeigen können.
São Paulo, die grösste südamerikanische Stadt, verdankt ihren Reichtum der kleinen Kaffeebohne. Günstige Klima- und Bodenbedingungen für Kaffeeplantagen sowie die geografische Nähe zum Exporthafen in Santos waren ideale Voraussetzungen, damit sich im 19. Jahrhundert ein riesiger Kaffee-Boom entwickelte und die wirtschaftliche Bedeutung der vorhin relativ unwichtigen Stadt in die Höhe schnellen liess. Heute ist die Millionenmetropole das wichtigste Wirtschafts-, Finanz- und Kulturzentrum Brasiliens und im August Austragungsort der 43. Berufsweltmeisterschaft.
Nervös? Nein, das sei er nicht, sagt der Goldjunge Mirco Signer ruhig. Der 18-Jährige aus St. Peterzell im Kanton St. Gallen hat an der letztjährigen Schweizermeisterschaft gleich in beiden Wettkampfkategorien, Möbel und Massivholz, den Sieg geholt. Nach einigen Monaten Trainingspause hat er vor Kurzem mit den Vorbereitungen für die World Skills in São Paulo begonnen. «Bis Anfang Mai arbeite ich normal in meinem Lehrbetrieb, anschliessend werde ich mich komplett auf das World-Skills-Training konzentrieren.» Mirco wird an der Berufsweltmeisterschaft in der Kategorie Möbelschreiner antreten.Nach Brasilien begleitet ihn der 20-jährige Reto Ettlin aus Kerns OW. Er vertritt die Schweiz in der Kategorie Massivholz. Auch bei ihm war nach der Schweizermeisterschaft eine Pause angesagt. «Es gab nur einige kleine Vorbereitungen bis anhin. Anfang Jahr fand in Davos die Kick-off-Veranstaltung mit allen Schweizer WM-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern aus allen Berufen statt, und vor wenigen Tagen ging das erste Teamweekend über die Bühne. Es hat Spass gemacht, alle Wettkämpferinnen und Wettkämpfer kennenzulernen und mehr Informationen über den kommenden Gross-Event zu erhalten», erzählt er.
Damit sich Mirco und Reto professionell auf die Weltmeisterschaft vorbereiten können, erhalten sie Unterstützung von ihren persönlichen Trainern. Diese Coaches sind internationale Prüfungsexperten an den Berufsmeisterschaften und über die Bewertungskriterien bestens im Bild. Zudem erhalten die beiden WM-Kandidaten vorab Pläne von drei möglichen Wettbewerbsobjekten, von denen für den Wettkampf eines ausgewählt und um 30 % abgeändert wird. «An der grundsätzlichen Objektform darf nichts verändert werden, aber Schrägen, Eckverbindungen und Oberflächen können variieren», erklärt Reto.
Er wird vor allem verschiedene Eckverbindungen trainieren. «Ich versuche herauszufinden, welche Arbeitstechnik mir am besten liegt. Es ist eine Art Selbstfindungsphase. Das heisst, ich überlege mir, wie ich beispielsweise am schnellsten und einfachsten eine perfekte Schlitz- und Zapfenverbindung hinbringe. Habe ich diese Verbindung im Griff, steigere ich den Schwierigkeitsgrad und mache eine doppelte Schlitz- und Zapfenverbindung.» Die möglichen Möbel spielen Mirco und Reto dreimal durch. Einmal nach Plan und zweimal in abgeänderter Form. Mirco hat bereits ein Testmöbel erstellt. «Ich brauchte nach der Pause etwas länger, aber im Grossen und Ganzen hat es ganz gut geklappt», sagt der zweifache Schweizermeister.
Ein Knackpunkt an der WM wird die Zeit sein. Die Kandidaten müssen auf die Sekunde genau wissen, wie lange sie für einen Arbeitsschritt brauchen. Da kann man es sich nicht leisten, nach dem passenden Werkzeug suchen zu müssen. Aus diesem Grund erstellen Mirco und Reto eine eigene Werkzeugkiste. Dort platzieren sie Stechbeitel, Hammer, Schraubenzieher, Leimtuben, und alles weitere, was sie an der WM benötigen, griffbereit am gewünschten Ort.
Neben der persönlichen Werkzeugkiste bringen die Kandidaten zudem zwei Wagen mit Maschinen nach Brasilien. Abgesehen vom zeitlichen Aspekt wird die Arbeit in ungewohnter Atmosphäre eine Herausforderung sein. Weder Mirco noch Reto sind bisher so weit gereist, geschweige denn in eine subtropische Klimazone. Und auch die räumlichen Dimensionen am Austragungsort können mit den Swiss Skills nicht verglichen werden.
Auf dem über 400 000 m2 grossen Gelände des Anhembi-Parks werden vom 11. bis 16. August über 200 000 Gäste erwartet, während sich die Teilnehmenden aus über 50 Ländern in verschiedenen Berufen messen. Mirco und Reto lassen sich deswegen nicht aus der Ruhe bringen. An verschiedenen Vorbereitungsevents werden sie Mentaltrainings absolvieren, damit sie dem grossen Druck standhalten und im richtigen Moment ihre beste Leistung abrufen können. «Wir werden das Beste aus uns herausholen und freuen uns auf eine tolle Zeit», sagen die beiden Medaillenhoffnungen mit grosser Vorfreude. ms
www.worldskillssaopaulo2015.com4. August: Abflug nach São Paulo
5. bis 8. August: Pre-Camp-Kandidaten
9. August: Besuch der Wettbewerbsanlage
10. August: Einrichten der Arbeitsplätze
11. August: Eröffnungsfeier
12. bis 15. August: Wettkampf
16. August: Siegerehrung und Schlussfeier
18. August: Heimreise
19. August: Willkommens-Event, Raum ZH
Veröffentlichung: 02. April 2015 / Ausgabe 14/2015
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