Das Schicksal schlug zweimal zu


Stephan Bieri (38) betreibt im bernischen Mühledorf einen Aktivstall für Pensionspferde. Bild: Sabine Schaller
Stephan Bieri (38) betreibt im bernischen Mühledorf einen Aktivstall für Pensionspferde. Bild: Sabine Schaller
Das Unglück passiert im Wald. Als Stephan Bieri seinem Vater beim Holzen hilft, verliert er bei einem Arbeitsunfall die Finger seiner rechten Hand. Zu den Lehrabschlussprüfungen, die kurz bevorstehen, kann der angehende Schreiner nicht antreten. «Es war mir lange nicht möglich zu arbeiten», sagt er. Aber aufgeben kommt für den Bauernsohn aus Mühledorf BE nicht infrage. Er lernt links zu schreiben und holt erst den theoretischen und dann den praktischen Teil der Prüfung nach. Mit Erfolg. Zu diesem Zeitpunkt ist sein Vater bereits schwer krank. Da er die Arbeit auf dem Hof nicht mehr alleine bewältigen kann, entscheidet sich Stephan Bieri für eine Ausbildung zum Landwirt. Leider darf sein Vater nicht mehr miterleben, wie sein Sohn diplomiert wird – er verstirbt noch während der Ausbildung. Bieri bleibt keine andere Wahl, als den Betrieb zu übernehmen. Seine Frau und seine Mutter unterstützen ihn dabei. «Das Land war da, die Kühe waren da, meine Schwestern steckten mitten in der Ausbildung, und den Hof verpachten wollten wir nicht», sagt er. Nach einigen Jahren indes geht es nicht mehr. Zu sehr schmerzt die Hand – besonders beim Melken der Kühe. Der sinkende Milchpreis und die Einführung neuer Tierschutzvorschriften tun ihr Übriges dazu. «Wir hätten viel investieren und den gesamten Kuhstall umbauen müssen.»
Erneut stellt sich die Frage nach der Zukunft. «Wir haben lange diskutiert, ob und wie wir weitermachen wollen», sagt Bieri, der inzwischen mit seiner Frau Regina eine Familie gegründet hat. Mit einem Beratungsteam werden verschiedene Möglichkeiten geprüft: Mutterkuhhaltung, Saumast, Schafe, Ziegen, Pferde, eine Rückkehr zum Schreinerberuf und gar Eishockeyschiedsrichter standen zur Debatte – der 38-Jährige liebt das Spiel auf Eis und Kufen.
«Worüber wir auch diskutiert haben. Am Ende sind wir immer wieder bei den Pferden gelandet», sagt Bieri. Sein Vater war leidenschaftlicher Rösseler und Reiter, und so gehörten die Tiere von Kindesbeinen an zu Stephans Leben. «Ich habe die Pferde den Kühen immer schon vorgezogen. Ihre Treue, Eleganz und Zuverlässigkeit imponieren mir.» Der Entscheid für die Pferde war aber auch wirtschaftlicher Natur. «Ein Pferdestall ist – anders als Weizen, Fleisch und Milch – nicht abhängig vom Markt und schwankenden Preisen.» 2013 ist es so weit. Der Umbau ist abgeschlossen, der Aktivstall wird eröffnet. Die Idee: ein natürliches Umfeld zu schaffen für Pensionspferde, die sich wie in der freien Wildbahn in der Herde und auf der Anlage frei bewegen können. Es gibt Orte zum Ausruhen und Spielen und Orte, wo die Pferde trinken und fressen können. Am computergesteuerten Futterplatz erhalten die Tiere über den Tag verteilt mehrere kleine Rationen Futter aus der hofeigenen Produktion. Das schont den Magen. «Durch die Portionierung sinkt die Gefahr einer Kolik», erklärt Bieri. Es ist viel los auf dem Hof – nicht nur wegen der zwanzig Einhufer, die gegenwärtig im Aktivstall leben, sondern auch wegen ihren Besitzern, die abends zu Besuch kommen.
«Manche gehen in den Stall, andere kommen, um ein wenig zu plaudern.» Bieris schätzen den Kontakt zu den Pferdebesitzern. «Wir unternehmen viel zusammen, und es sind Freundschaften entstanden», sagt der dreifache Familienvater. Das Kämpfen hat sich gelohnt. Im Oktober feiert der Aktivstall sein vierjähriges Bestehen. Bieri blickt zufrieden zurück und sagt: «Was die Landwirtschaft angeht, möchte ich nichts anderes mehr machen.»
«Ein Pferdestall ist – anders als Weizen, Fleisch und Milch – nicht abhängig vom Markt und schwankenden Preisen.»
Veröffentlichung: 31. August 2017 / Ausgabe 35/2017
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