Auf die Bedürfnisse kommt es an

Ob ein Abluft- oder ein Umluftsystem richtig ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab. Bild: Bora

Abluft.  Dunstabzüge gehören zu den zentralen Elementen in einer modernen Küche. Nur wenn diese auf die Bedürfnisse und das Kochverhalten der Kundschaft abgestimmt sind, können die Geräte ihre volle Leistung erbringen und das Kocherlebnis unterstützen.

Neben der Spüle, dem Herd und dem Kühlschrank gehört der Dunstabzug zu den zentralen Elementen in der Küche. Daher ist es umso wichtiger, dass dieser mit den eingesetzten Geräten harmonisiert, technisch und konstruktiv sauber umgesetzt und auf die individuellen Bedürfnisse der Küchennutzer abgestimmt ist. «In der Praxis kommt es immer wieder zu nachträglichen Reklamationen, weil genau diese Bedürfnisse in der Küchenplanung nicht sauber abgeholt und auch deponiert wurden», weiss Martin Bader, Geschäftsführer der Merial Vertriebs AG aus Derendingen SO aus Erfahrung: «Es liegt zum einen am Küchenplaner, die Bedürfnisse abzuholen, und zum anderen an der Kundschaft, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren.» Merial fertigt eigene Dunstabzugshauben und handelt mit Geräten der Marke Bora.

Grundlegende Entscheidung

Ob beim Dunstabzug eine Abluft- oder Umluftlösung eingesetzt wird, ist bei der Küchenplanung eine zentrale Entscheidung. Abluft führt die gefilterte Luft nach draus-sen, Umluft filtert die gleiche Luft mehrmals, und es findet kein Luftaustausch statt. «Prinzipiell sollte immer Abluft gewählt werden», rät Bader. Denn so kommt zum einen frische Luft ins Haus, was prinzipiell nicht schadet, und zum anderen kann mit Abluft auch Rauch abgezogen werden. «Mit Umluftsystemen ist ein Rauchabzug nicht möglich, da es keine Filter gibt, die Rauch binden können», erklärt Bader. Wer also gerne scharf anbrät, muss diesen Umstand bei der Systemwahl beachten und eventuell auch seine Kochgewohnheiten anpassen. Auch Andreas Liechti, Leiter der Wesco Academy aus Wettingen AG, sieht dies so: «Abluft sorgt für das bessere Raumklima, da die belastete Luft nach aussen getragen und nicht wie bei der Umluft zurück in den Wohnraum geführt wird.»

Situative Einschränkungen

Das verdichtete Bauen, der Trend zur luftdichten Gebäudehülle oder besondere Zonenvorschriften erschweren den Einsatz von Abluftsystemen in der Praxis immer häufiger. «Die Entscheidung sollte situativ erfolgen. Hat man die Möglichkeit, die Abluft ohne Probleme auszuführen, dann sollte es Abluft sein. Sollte eine Abluftlösung wegen der Leitungsführung zu viel Druckverlust verursachen und nicht mehr effizient sein, dann empfiehlt sich Umluft», sagt Liechti. Auch wenn kein Lüftungsauslass an der Fassade möglich ist, muss meist auf eine kostenintensivere Lösung über Dach oder ein Umluftsystem zurückgegriffen werden. «Für eine objektive Entscheidung ist die korrekte Bedürfnisabklärung und das Aufzeigen aller Möglichkeiten im Vorfeld wichtig», sagt Bader.

Kochverhalten realistisch beachten

Das individuelle Kochverhalten der zukünftigen Küchennutzer ist ebenso ausschlaggebend für die Wahl des passenden Systems. «Wechselt die Kundschaft vom herkömmlichen Glaskeramik zu einem Induktionskochfeld, ändert sich automatisch ihr Kochverhalten, und es entsteht schneller Dampf», sagt Liechti. Beim Erhitzen von Ölen wie Olivenöl können giftige Stoffe entstehen, insbesondere wenn sie über ihren Rauchpunkt erhitzt werden. Das kann zu gesundheitsschädlichen Verbindungen führen. Gerade einer solchen Situation kann eine Umlufthaube kaum gerecht werden, und diese wird in der Regel den Kunden nicht zufriedenstellen. «In 80 Prozent der Schweizer Küchen wird jedoch selten bis gar kein Rauch produziert, weshalb auch der Einsatz von Umluftsystemen eine funktionale Lösung darstellt», sagt Bader. Wird nur ab und zu etwas richtig scharf angebraten, kann ein Umluftsystem, unterstützt mit Stosslüften, funktionieren. Damit sich der Kunde also richtig entscheiden kann, muss ihm der Küchenplaner die nötigen Informationen passend zu seinem Kochverhalten geben.

Initial- und Wartungskosten

Schaut man die Kosten beider Systeme in der Praxis an, halten sich diese über einen Zeitraum von 15 Jahren mehr oder weniger die Waage. «Für die Kernbohrung eines Abluftsystems muss mit zirka 1500 Franken gerechnet werden. Auf 12 Jahre gesehen entstehen diese Kosten auch mit den benötigten Filterwechseln», sagt Bader. Anders sieht es natürlich aus, wenn bereits ein Abluftgerät mit Bohrung verbaut war oder aus bauvorschriftlichen Gründen lediglich die Luftführung übers Dach möglich ist. «Nach 12 Jahren ist eine Abluftvariante in der Regel über alle Vollkosten gerechnet sogar günstiger als eine Umluftvariante», sagt Liechti.

Möglichst nahe an den Dampf

Um die Effizienz zu optimieren, ist zudem die Positionierung des Dunstabzugs zu beachten. «Hier gilt es, den Abzug möglichst nahe an den Dampf zu bringen, was baulich bedingt besonders mit den Kochfeldabzügen gegeben ist», sagt Bader. Physikalisch ist es so, dass die Thermik nach oben funktioniert, ergo ein Dunstabzug darüber sehr effizient ist. «Die Abzüge nach unten, die sogenannten Downdraft-Lösungen, brauchen deshalb bei der Eintrittsöffnung in die Absaugung mehr Luftgeschwindigkeit, was unter gegebenen Umständen mehr Schallemission verursachen kann», sagt Liechti. Wenn die Luftgeschwindigkeit richtig abgestimmt ist, beruhigt sich die Luft, und es gibt eine optimalere Lärmverteilung. «Hier nehme ich gerne den Vergleich mit einem Staubsauger. Wenn ich etwas Schwereres aufsaugen möchte, muss ich den Querschnitt verringern und die Bürste entfernen. Deshalb sind Kochfeldabzüge im Verhältnis kleiner und haben mehr Zug», erklärt Bader. Bei Kochfeldabzügen gibt es ebenfalls Abluft- und Umluftlösungen, welche grundsätzlich dieselben Vor- und Nachteile wie Haubenabzüge aufweisen.

Umluft richtig verbauen

Wenn ein Umluftsystem gewünscht oder aus genannten Gründen eingesetzt werden muss, gilt es, ein paar Punkte zu beachten: Die Ausblasöffnungen müssen gross genug dimensioniert sein, damit die Luftströmung nicht behindert wird und die Luft frei zirkulieren kann. Grundsätzlich sollten Umluftsysteme nicht oder wenn nötig nur sehr wenig kanalisiert werden. Querströmungen gilt es, in der Planung zu beachten und wenn möglich zu verhindern, da diese die Dunstabzugsleistung behindern und mindern können.

Fehlerquelle Beratung

Technisch und konstruktiv kommt es in der Praxis kaum mehr zu Fehlern. «Wir können stolz sein auf das Niveau in der Schweizer Schreiner- und Küchenbranche», sagt Bader. Jedoch im Bereich der Beratung muss noch ein Schritt gemacht werden, weiss der Fachmann. Beim optimalen Gespräch sollten die Bedürfnisse des Kunden entgegengenommen und die technischen Gegebenheiten aufgezeigt werden. «Damit erkennt einerseits der Kunde die Kompetenz des Fachpartners, und andererseits hinterfragt er sein eigenes Kochverhalten und lernt etwas dazu», sagt Liechti. Richtig informiert, kann sich der Kunde objektiv entscheiden, welche Themen für ihn wichtig sind, und so für sich das am besten funktionierende System wählen.

Trend nach unten und Einfachheit

Generell geht der Trend weiterhin in Richtung der Downdraft-Lösungen, also zur ganzen Vielfalt an Dunstabzügen, welche den Kochdunst nach unten wegziehen.

Bei den Abluftsystemen geht der Trend dahin, dass alle nötigen Anbindungen möglichst einfach zu installieren sind und möglichst keine weiteren Kosten verursachen. «Bei den Umluftsystemen geht die Entwicklung weiter in Richtung möglichst wartungsfreier Lösungen und effizienterer Geruchsbindung», sagt Liechti.

Bedienungstechnisch kann vermehrt ein Trend zurück zu einfachen Knöpfen und Bedienelementen ausgemacht werden. «Mit mehr Mechanik und etwas weniger Elektronik werden die Bedienung und Wartung einfacher», sagt Bader. Denn der zusätzliche Serviceaufwand von Küchenstudios im Bereich der Produktschulung und der Behebung von Anwendungsfehlern sollte nicht unterschätzt werden.

Mit einer spezifischen Bedürfnisabklärung und objektiver Aufklärung kann der Schreiner seiner Kundschaft das passende Abzugserlebnis bieten.

www.merial.chwww.wesco.ch

Unterschiede, Vor- und Nachteile

Vergleich: Abluft oder Umluft

Dunstabzug mit Abluft

Bei der Abluft werden Raumluft und Dünste abgesaugt, über einen Fett- filter gereinigt und via Mauerkasten oder Kamin nach draussen geblasen. Der Ventilator sitzt dabei in der Dunstabzugshaube oder ist separat als externer oder als Fassadenventilator platziert. Als Alternative zum Austritt aus der Fassade bietet sich ein Dachventil an.

Wichtig: Die Fettfilter einer Dunstabzugshaube sollten regelmässig (alle drei bis vier Wochen) gereinigt werden, um einen langen wartungsfreien Betrieb der Dunstabzugshaube sicherzustellen.

Vor- und Nachteile des Abluftbetriebes

Die Vorteile des Abluftbetriebes liegen in der wirklichen Lufterneuerung und einem hohen Wirkungsgrad. Durch die Wegleitung des Kochdunstes nach aussen werden auch die beim Kochen entstehende Feuchtigkeit und Geruchsstoffe aus der Küche herausgeleitet.

Ein Nachteil des Abluftbetriebes ist, dass dieser nicht überall realisierbar ist, weil ein Wanddurchbruch oder Dachauslass vorausgesetzt wird. Zudem ist die kontrollierte Zuluft zwingend notwendig, da ohne geeignete Nachführung von Aussenluft ein Unterdruck entsteht. Grundsätzlich sind Dunstabzüge mit Abluft aufwendiger in der Planung, da die Abluft- und Zuluftführungen optimal sein müssen, um das hohe Luftfördervolumen zu erreichen.

Dunstabzug mit Umluft

Bei der Umluft werden Dünste angesaugt, über Fett und Geruchsfilter gereinigt und wieder in den Raum zurückgeführt. Eine tiefe Durchströmgeschwindigkeit der Luft durch den Geruchsfilter sorgt dafür, dass die Aktivkohle Geruchspartikel adsorbieren kann.

Wichtig: Je nach Kochverhalten sollten Aktivkohlefilter ein- bis zweimal pro Jahr ausgetauscht werden. Bei anderen Filterprodukten ist ein Austausch auch erst nach längerer Zeit notwendig oder sogar hinfällig.

Vor- und Nachteile des Umluftbetriebes

Die Vorteile des Umluftbetriebes liegen in der besonders einfachen Planung und Montage. Es werden keine Rohrleitungen, Wanddurchbrüche oder Dachauslässe benötigt. Ein Abzug mit Umluft ist aufgrund der baulichen Voraussetzung häufig die einzig mögliche Betriebsart.

Ein Nachteil des Umluftbetriebes ist der zusätzliche Aufwand zum Regenerieren oder Austauschen der Geruchsfilter. Nicht regenerierbare Filter verursachen laufende Kosten, da sie regelmässig gewechselt werden müssen. Weiter bleibt die Feuchtigkeit, welche beim Kochen entsteht, im Raum, sodass nach dem Kochen gelüftet werden sollte.

Noah Gautschi, NJG

Veröffentlichung: 21. März 2024 / Ausgabe 12/2024

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