Sicherheit für alle Fälle
Im Kurs Absturzsicherung für Fensterbauer vom Fachverband Fenster- und Fassadenbranche konnten die Teilnehmenden praxisnahe Erfahrungen machen. Bild: Monika Hurni
Im Kurs Absturzsicherung für Fensterbauer vom Fachverband Fenster- und Fassadenbranche konnten die Teilnehmenden praxisnahe Erfahrungen machen. Bild: Monika Hurni
Absturzsicherung. Der Campus in Sursee LU bot vergangenen Freitag mit seinen praxisnah eingerichteten Übungsräumen den idealen Rahmen für den vom Fachverband Fenster- und Fassadenbranche (FFF) angebotenen Kurs «Absturzsicherung für Fensterbauer».
Fangstoss, Pendelsturz oder Hängesyndrom waren nur einige der Begriffe, mit denen sich die sieben Teilnehmenden des vom Fachverband Fenster- und Fassadenbranche (FFF) angebotenen Kurses Absturzsicherung für Fensterbauer am Freitag vergangener Woche auf dem Campus in Sursee LU auseinandersetzen mussten.
Den Fangstoss, also die Kraft, die bei einem Sturz in den Auffanggurt auf den Menschen wirkt, demonstrierte Kursleiter Thomas Hofer gleich zu Beginn des Tages an einem eindrücklichen Beispiel. Dazu liess er einen 80 Kilogramm schweren Stein aus einer Höhe von 1,6 Metern runterfallen, woraus ein Fangstoss von 16 Kilonewton respektive 1600 Kilogramm resultierte. Im zweiten Anlauf baute Hofer einen Falldämpfer ein, welcher den Fangstoss auf 4 Kilonewton respektive 400 Kilogramm reduzierte. «Ein solcher Falldämpfer kostet nicht alle Welt und kann im Ernstfall Leben retten», erklärte der gelernte Zimmerpolier, der als Industriekletterer über einen grossen Erfahrungsschatz verfügt.
In einem Theorieblock vermittelte Hofer den Kursteilnehmern die Grundlagen für die Sicherheit an der Absturzkante, bevor es dann in den Übungsraum ging, wo die Theorie in Praxis umgesetzt wurde. «Die Hauptursache bei Absturzunfällen sind mangelhafte Arbeitsvorbereitung, fehlende Schulung sowie erhebliche Selbstüberschätzung», erklärte Hofer. Um die Wichtigkeit des Themas zu verdeutlichen, wies er auf die erschreckend hohe Anzahl von 9000 berufsbedingten Absturzunfällen im vergangenen Jahr hin, von welchen 280 zur Invalidität und 22 zum Tod geführt haben. Bei Arbeiten mit Absturzgefährdung sei eine seriöse und gründliche Vorbereitung unabdingbar, betont er. «Schnell geht da nichts. Schnell bist du nur müde oder tot.»
Im Übungsraum ging Hofer näher auf die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) ein und präsentierte in einem kurzen Abriss unterschiedliche Hilfsmittel und ihren Einsatzzweck. Ausgestattet mit Helm und Haltegurt konnten die vorgestellten Gerätschaften schliesslich ausprobiert werden. So unter anderem in einem kleinen Parcours, der über zwei Leitern, eine Galerie und über aufgelegte Bretter zu einem Schrägdach führte. Dabei galt es, darauf zu achten, dass stets einer der beiden Karabinerhaken am Sicherungsseil eingehängt war.
Als zentrales Thema sprach Hofer die Wahl des Anschlagpunktes bei der Sicherung an. In aller Regel gelte dabei der Grundsatz «je höher der Anschlagpunkt, desto besser», denn auf diese Weise kann die mögliche Absturzhöhe verringert werden.
Beim Thema Absturz generell wies Hofer insbesondere auf die unterschätzte Gefahr des Pendelsturzes hin. Dabei handelt es sich um einen Sturz in eine Sicherung, bei dem die abgestürzte Person im Fallen wie ein Uhrenpendel hin- und herschwingt. Oft kommt es zu einem solchen Sturz, wenn die gesicherte Person sich in der Querachse zum Anschlagpunkt bewegt und dabei das Seil verlängert wird. Im schlimmsten Fall ist das Seil dann so lang, dass die abgestürzte Person auf dem Boden aufschlägt. Daneben besteht die Gefahr, beim Pendeln seitlich an ein Hindernis zu prallen, und nicht zu unterschätzen ist das Risiko eines Seilrisses, wenn dieses über eine Kante gescheuert wird.
Wie wichtig es ist, dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zum Sturz kommt, wurde den Kursteilnehmern spätestens klar, als Hofer ihnen das sogenannte Hängesyndrom erklärte: «Der Mensch ist nicht zum Hängen gemacht», betonte er mit einem Lächeln, ob dem doppelten Sinn des Satzes. Doch gleich darauf wies er auf den Ernst eines solchen Hängesyndroms oder -traumas hin. Denn hänge eine Person regungslos im Auffanggurt, so schneide dieser so stark ein, dass das Blut nicht mehr zurück zum Herzen gepumpt werden könne und damit auch die Sauerstoffzufuhr zum Hirn unterbrochen werde. Bei der Rettung gehe es um jede Sekunde, denn bereits nach 10 Minuten könne die Person bleibende Schäden davontragen und nach 20 Minuten bereits der Tod eintreten.
Nicht immer sind auf der Baustelle geeignete Anschlagpunkte zur Sicherung zu finden. Für diese Fälle gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen, mobilen Vorrichtungen, die je nach Baustellensituation eingesetzt werden können. So beispielsweise Traversen, die in Türrahmen eingespannt, oder horizontale Stangensysteme, die zwischen Boden und Decke geklemmt werden können. Für den Monteur gilt es, nicht nur die passende Lösung zu finden, sondern diese auch korrekt anzuwenden. Dies nach dem alten Grundsatz «Übung macht den Meister». Denn je versierter der Monteur im Umgang mit den Hilfsmitteln ist, desto schneller stehen sie zum Einsatz bereit und desto sicherer sind sie.
Daneben gilt: Die Ausrüstung ist nur so gut wie ihr Zustand. Hofer rät deshalb insbesondere, die persönliche Schutzausrüstung vor jedem Einsatz zu kontrollieren und sie jährlich einer Prüfung durch einen Experten unterziehen zu lassen.
Monika Hurni
www.fff.ch
Veröffentlichung: 22. Mai 2024
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