Der Pavillon wurde zur Herzensangelegenheit

Der Holzpavillon wurde an ein bestehendes Gebäude angebaut. Bild: Weishaupt AG Innenausbau

Die Lernenden der Weishaupt AG Innenausbau in Appenzell durften quasi selbstständig einen Anbau realisieren. Der Bauherr wollte den Jugendlichen die Chance geben, möglichst viel beim Projekt zu lernen. Mit dem Ergebnis sind alle zufrieden.

Die Baustelle ist nur wenige Meter von der Werkstatt entfernt. Die Nähe ist ideal, wenn es Fragen gibt. Und der Bauherr hat Geduld und Verständnis, falls es etwas länger gehen sollte. Ideale Voraussetzungen für ein Lernendenprojekt. Alle Auszubildenden der Weishaupt AG Innenausbau in Appenzell AI, vor allem Pam Wetter, Julian Rempfler und Remo Inauen, durften bei einem Anbau von der Planung bis zur Ausführung mit dabei sein und viele Schritte selbst ausführen. Im Januar 2021 ging es los. Damals wurde im bestehenden Haus der Keller ausgebaut und ein Anbau erstellt.

Vom ehemaligen Keller kommt man zuerst ins Bade- und das angrenzende Schlafzimmer, die durch eine Schiebetür getrennt werden. «Dem Bauherrn war es sehr wichtig, dass er vom Bett aus direkt zum Hohen Kasten schauen kann», erzählt Pam Wetter, die sich Anfang 2021 im dritten Lehrjahr befand. «Das ist einer der beiden Appenzeller Hausberge. Er hat eine super Aussicht.» Ein Flur führt rüber in den Anbau, an vielen Einbauschränken vorbei, in einen grossen Raum mit der Küche und dem Wohnzimmer.

Auch Zimmermanns-Arbeiten

«Wir durften sowohl die Aussenwände als auch den Innenausbau übernehmen und haben auch gezimmert. Zuerst haben Remo und ich die Holzroste für die Wände gestellt, die Decke gemacht, alles isoliert und mit Fermacell-Gipsplatten verkleidet», berichtet die 20-Jährige weiter. Sie hätten fast alles selbst gemacht. Bei den Aussenwänden errichteten sie zuerst eine Windsperre, damit kein Wasser eindringen kann, und haben sie anschliessend geschalt.

Die für die Region typischen Holzschindeln hatte jedoch der Bauherr selbst angebracht. «Am 22. Februar dieses Jahres hatten wir alles aufgerichtet. Das weiss ich noch genau, weil es für mich ein besonderer Tag war», sagt Pam Wetter. Remo Inauen, heute im zweiten Lehrjahr, hat sie bei den ganzen Arbeiten unterstützt. «Ich war damals neu. Pam zeigte mir alles. Das war für mich ein super Einstieg und eine schöne Arbeit», blickt der 17-Jährige zurück.

Die Schränke waren Julians Part

Die Schränke waren die Aufgabe von Julian Rempfler. «Ich durfte die Planung machen und die Masse nehmen. Dann habe ich die Pläne mit dem Bauherrn angeschaut und Änderungen vorgenommen», erzählt der 18-Jährige, der sich heute im vierten Lehrjahr befindet. Er hat die Kästen produziert und auf der Baustelle eingepasst. Montiert hätten die Schränke allerdings Pam und ein Mitarbeiter. «Das war ein tolles Projekt. Es hat mir Spass gemacht. Es ist schön, wenn man die Chance erhält, für alles verantwortlich zu sein, selbstständig arbeiten kann und auch mal ein Fehler passieren darf.»

Die Küche war Pams IPA

Die Küche war für Pam Wetter eine besondere Aufgabe. Denn sie konnte diese als IPA, die individuelle praktische Arbeit im vierten Lehrjahr, herstellen. «Die Planung erfolgte im Dezember 2021», berichtet die Appenzellerin. «Diese gehörte allerdings nicht zur IPA, nur die Produktion und der Zusammenbau der Schränke.» Architekt Remo Koller von Planwerk in Appenzell habe mit ihr die Pläne gemacht und alles gezeigt. «Er war meine bessere Hälfte», sagt sie. «Wenn ich eine Frage hatte, kam er so schnell als möglich her.»

Mit einem Küchenplaner des Lehrbetriebs hatte die junge Schreinerin die Küche entworfen und anschliessend mit dem Kunden alles besprochen und angepasst. Die Küche ist eher klein, für eine Person jedoch ausreichend. «Ich habe sehr viel gelernt, vor allem auch was die Normen angeht.» Die IPA sei sehr gut verlaufen. «Das hat zu meinem Lehrabschluss diesen Sommer beigetragen.» Der ganze Pavillon sei zu ihrem Herzensprojekt geworden, die Küche aber besonders. «Es war das erste so grosse Projekt, bei dem ich alles selbst machen durfte. Ich war sozusagen die Projektleiterin, was als Lernende schon sehr toll ist.» Die Räume gemalt haben aber nicht die Auszubildenden, sondern der Bauherr selber. Speziell ist, dass man von der Küche aus acht verschiedene Farben sehen kann. «Der Kunde mag es bunt, das ist doch schön.»

Die Lernenden sind dem Bauherrn dankbar, dass sie das Projekt realisieren durften. «Er war tolerant, wenn etwas mal nicht genau gestimmt hat», sagt Pam Wetter. «Es ist aber nichts wirklich falsch gelaufen. Wir haben gut gearbeitet.» Sie fänden es nun beinahe schade, dass der Bau fertig werde. «Es ist eine besondere Baustelle, die wir nun abschliessen. Am liebsten würde ich mit einziehen.»

Rotation alle zwei Monate

Langweilig wird es den Lernenden auch sonst nicht. «Wir haben einen neuen Ausbildungsplan, bei dem man zwei Monate an einem Ort eingeteilt ist», erzählt Julian Rempfler. «Maschinen, Bankraum, Oberfläche oder Montage. Ich bin gerade im Bankraum.» Ihm gefällts. Wie alles in der Lehre. «Es gibt nichts, das ich nicht gerne mache.» Auch Remo Inauen ist zufrieden. «Ich durfte schon überall reinschauen. An einigen Maschinen war ich auch schon und auf Montage gefiel es mir auch.» Pam Wetter wird seit ihrem Lehrabschluss auf den Baustellen eingesetzt. «Es macht Spass auf Montage. Die Kollegen achten gut auf mich, zum Beispiel, dass ich keine zu schweren Lasten trage», sagt sie. Über ihre Zukunft hat sie sich auch schon Gedanken gemacht. Sie könnte sich später eine Weiterbildung vorstellen. «Das hat aber keine Eile.»

Nicole D’Orazio

www.weishaupt.ch

 

Veröffentlichung: 01. Dezember 2022 / Ausgabe 48/2022

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